Salzburger Nachtstudio

Sexualität und Macht. Zum 100. Geburtstag des Sexualwissenschafters, Anthropologen und Psychoanalytikers Ernest Borneman.
Gestaltung: Margarethe Engelhardt-Krajanek

Was haben Dominique Strauss-Kahn und Silvio Berlusconi gemeinsam? Sie missbrauchten ihre gesellschaftliche Machtposition und forderten sexuelle Dienste von Frauen ein, die in Abhängigkeit zu ihnen standen: als bezahltes Callgirl oder als Stubenmädchen. Die Öffentlichkeit verzieh ihnen diese Übergriffe nicht, beide büßten, zumindest vorübergehend, ihre Karriere ein.

Für den Soziobiologen Johan van der Dennen ist Macht ein Aphrodisiakum. "Mächtige Männer erwarten quasi automatisch, dass andere Menschen ihre Wünsche erfüllen. Sex ist nur ein Teil des Spiels." Der französische Philosoph Michel Foucault interpretierte Sexualität als wichtigen Spieler in Machtbeziehungen. Er führte den Begriff des "Sexualitätsdispositiv" ein. Foucaults These: Zum einen dient Sexualerziehung dazu, Regeln zu verinnerlichen. Zum anderen wird sie in Form sogenannter "Bevölkerungspolitik" zum politischen Steuerungsinstrument. Über den Körper werden Vorschriften eingeführt, die das Individuum lenken und gefügig machen sollen. Sexualität wird zum Instrument der Macht.

Die britische Autorin Laurie Penny bezeichnet die Liebe als Instrument patriarchaler Erpressung. Mit ihrer jüngsten Publikation "Unsagbare Dinge. Sex, Lügen und Revolution" kämpft sie dafür, die "Mauern niederzureißen, die Geld und Macht um unsere Phantasie errichtet haben". Auch sie begreift Sexualität als ein Werkzeug, das mächtige Interessen durchsetzt.

Mit seinem Monumentalwerk "Das Patriarchat" hat der Anthropologe und Psychoanalytiker Ernest Borneman bereits vor 40 Jahren eine Studie publiziert, die Ungleichheit und Diskriminierung von Frauen unter männlicher Dominanz untersuchten. Er selbst bezeichnete sein Werk als "Kapital für die Frauenbewegung".

Service

Literatur:

Detlef Siegfried, Moderne Lüste. Ernest Borneman - Jazzkritiker, Filmemacher. Sexforscher, Wallstein Verlag 2015

Ernest Borneman, Das Patriarchat. Ursprung und Zukunft unseres Gesellschaftssystems. S. Fischerverlag 1984

Laurie Penny, Unsagbare Dinge. Sex, Lügen und Revolution. Edition Nautilus 2015

Laurie Penny, Fleischmarkt. Edition Nautilus 2013

Simone de Beauvoir, Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau. Rowohlt Verlag, 14. Auflage August 2000

Ilse Lenz (Hrsg), Die Neue Frauenbewegung in Deutschland, Abschied vom kleinen Unterschied. Wiesbaden VS Verlag für Sozialwissenschaften 2009

Judith Butler, Das Unbehagen der Geschlechter, Gender Studies. Suhrkamp Verlag, Frankfurt/Main 1991

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