Im Gespräch

"Frederic Morton, ein New Yorker aus Wien".
In memoriam Frederic Morton. Renata Schmidtkunz spricht mit dem Schriftsteller Frederic Morton

Am 5.Oktober 1924 kam in der Telemanngasse im 17. Wiener Gemeindebezirk ein Kind zur Welt, dem man den Namen Fritz Mandelbaum gab und dessen Eltern eine kleine Werkzeugfabrik hatten. Fritz war zwar ein schlechter Schüler, dafür aber ein ausgezeichneter Sportler, der sich besonders für Fußball und Leichtathletik begeistern konnte.

Statt den vom Großvater erwünschten Arztberuf zu wählen, wurde der Knabe Bäcker. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Familie allerdings Wien schon verlassen.
Kurz vor Ausbruch des 2.Weltkrieges emigrierten die Mandelbaums in die USA und nannten sich fortan Morton. Aus Fritz wurde Frederic und aus Frederic wurde auf Dauer doch kein Bäcker, sondern ein Schriftsteller. Bereits in ganz jungen Jahren erregte der Immigrantensohn mit seinen Erzählungen das Interesse der New Yorker Literaturkritiker und Verlage.

1962 gelang Frederic Morton, der zu diesem Zeitpunkt bereits ein gefragter Autor renommierter amerikanischer Tageszeitungen und Zeitschriften war, der große internationale literarische Durchbruch mit einem Portrait der Familie Rothschild: "Die Rothschilds. Ein Portrait der Dynastie"

1984 ließ Morton seine Kindheit im Wiener Arbeiterbezirk Hernals zu einem berührenden Roman werden: "Die Ewigkeitsgasse" wurde in 23 Sprachen übersetzt.
Sein 1987 erschienener Roman "Crosstown Sabbath. Über den Zwang zur Unrast" wurde 1994 von Kurt Faudon für den ORF verfilmt.
1989 widmete er sich mit dem Roman "Wetterleuchten" noch einmal seiner Heimatstadt Wien: er lässt den Ausbruch des ersten Weltkrieges, den beginnenden Untergang der Habsburger Monarchie und die Jugendjahre Adolf Hitlers Revue passieren.

2003 erhielt Frederic Morton, der nach der Nazi-Zeit bereits 1951 als Journalist wieder nach Wien kam, das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst erster Klasse.
In seiner Laudatio meinte der damalige Bundespräsident Klestil: "Nehmen Sie es als Dank der alten Heimat nicht nur für Ihr Schaffen, sondern auch als Dank für die Treue und Ihr Vertrauen in unser schönes Österreich".
Morton antwortete: was er schreibe sei der Versuch, den Ich-besessenen zukunftsbangen Neurosen des 21.Jahrhunderts entgegenzutreten. Es regiere der Erfolgszwang des Ichs und das "Uns" gehe verloren.

Service

Frederic Morton:
"Die Rothschilds. Ein Portrait der Dynastie", Deuticke Verlag
"Die Ewigkeitsgasse", Roman, Haymon Verlag
"Crosstown Sabbath. Über den Zwang zur Unrast", Deuticke Verlag
"Wetterleuchten 1913/14", Deuticke Verlag
"Das Zauberschiff", Roman, Deuticke Verlag
"Durch die Welt nach Hause. Mein Leben zwischen Wien und New York", Autobiographie, Deuticke Verlag

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