Salzburger Nachtstudio

Ein Disneyland der Belle Époque. Die Wiener Ringstraße, der Historismus und der Traum vom Gesamtkunstwerk.
Gestaltung: Günter Kaindlstorfer

Sie gehört zu den prachtvollsten Boulevards der Welt: die Wiener Ringstraße. Es war Kaiser Franz Joseph persönlich, der die neue Prunkallee 1865 in einem glamourösen Festakt eröffnete, obwohl die meisten Gebäude auf dem neuen Boulevard noch gar nicht standen. Der Bau des Rings war eines der größten städtebaulichen Projekte des 19. Jahrhunderts. 2,4 Millionen Quadratmeter wurden mit Gebäuden verbaut, 1,5 Millionen Quadratmeter hatten die Planer für Straßen, Plätze und Parkanlagen reserviert.

Auch heute noch präsentiert sich der Wiener Ring als eindrucksvolles Gesamtkunstwerk, in dem die imperiale Kultur des kaiserlichen Wien und die großbürgerliche Repräsentations-Architektur der "Belle Époque" eine geglückte Liaison eingingen. Bis heute locken Bauten wie das Wiener Rathaus und das Parlament, aber auch Kulturpaläste wie die Staatsoper und das "Kunsthistorische Museum" Jahr für Jahr Millionen Besucher/innen nach Wien.

Auf der Wiener Ringstraße fand der historistische Traum vom Gesamtkunstwerk zu sich selbst. Während an vielen Orten Europas mächtige Fabriken und moderne Bahnhofsbauten aus Stahl und Glas aus dem Boden schossen, wurden am Wiener Ring althergebrachte Baustile wiederbelebt: Renaissance, Barock und Gotik, aber auch die Architektur der griechisch-römischen Antike.

War der Historismus ein "zweitklassiges" Gestaltungsprinzip, der repräsentative Stil einer Epoche, die selbst keine originellen Gestaltungsideen hervorgebracht hat? Oder tut man den Planern der Ringstraße damit unrecht, zumal die Monumentalbauten auf dem neuen Boulevard in technischer Hinsicht hochmodern waren? Dieser Frage gehen renommierte Kulturhistoriker/innen nach.

Service

Barbara Dmytrasz: "Die Ringstraße - Eine europäische Bauidee", Amalthea-Verlag, 176 Seiten

Eva-Maria Landwehr: "Kunst des Historismus", Verlag Böhlau-UTB, 312 Seiten

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