Gedanken für den Tag

29. Juli 2015, 06:56

Es gibt Ärzte, die fragen: "Wie geht es Ihnen?" Und die gar nicht zuhören, wenn man erzählt, wie es einem geht. Also schweigt man, weil man weiß: Ärzten und Theaterkritikern widerspricht man nicht, denn die wissen immer alles besser, und könnten schaden.

Aber reagieren wir nicht manchmal genauso gedankenlos? Meistens erwartet derjenige, der erzählen möchte, wie es ihm geht, keine gültigen Antworten oder Ratschläge. Er erwartet unsere Zuwendung. Es ist so leicht, sich von einem Menschen, der einem etwas sagen möchte, abzuwenden. Eine kleine Floskel: "Entschuldigung, ich hab einen Termin", das genügt und man ist ihn los.

Es bedarf einer großen inneren Ruhe, Menschen zu zuhören. Denn Hören und Zuhören sind zwei grundverschiedene Handlungen. Beim Hören rauscht das Erzählte an unseren Gehörgängen vorbei. Beim Zuhören schleicht es in uns hinein, manchmal bis ins Herz. Ein lustiger Dampfplauderer wird zwar gehört, aber seine Worte werden nicht beherzigt. Und schon gar nicht die Wortkaskaden der Politikerin mit der Piepsstimme.

Es ist nicht leicht, Zuhörer zum Zuhören zu gewinnen. Zusehen ist halt so viel leichter... Letzthin sprach mich eine Bekannte an, sie habe mich in den Seitenblicken gesehen. "Ach ja, was hab ich denn gesagt?" "Das weiß ich nicht mehr", sagte sie - aber die grüne Bluse ist schick!"

Erich Kästner war ein wunderbarer Zuhörer. Er sagte: "Wer was zu sagen hat, hat keine Eile. Er lässt sich Zeit, und sagt´s in einer Zeile." Ein Gesicht mit aufmerksamen Augen, die zuhören, spiegelt nämlich den Menschen.

Service

Buch, Topsy Küppers "Mein "Ungustl", Verlag Langen Müller Herbig

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Sendereihe

• Gedanken für den Tag

Gestaltung

• Alexandra Mantler