Gedanken für den Tag

von Josef Schultes, Bibelwissenschafter. "Syrien - Wiege der Religionen". Gestaltung: Alexandra Mantler

Die Musliminnen und Muslime, mit denen ich rede, sie sind betroffen, in den Tagen nach Paris. Nicht Religion und Gewalt gehören für sie zusammen. Sondern Salam und Islam, wie schon die zwei verwandten Worte sagen. Salam - Friede mit sich und untereinander. Und Islam - Vertrauen, Hingabe an Gott.

Die Sonne scheint gleißend hell. Glänzend sauber poliert der Boden aus Marmor. Prächtige Mosaiken an den Wänden und in den Arkadengängen: Landschaften mit üppiger Vegetation und viel Wasser; in leuchtendem Gold der Himmel, in verschiedensten Grüntönen das Laub der Bäume. Ein leises Ahnen steigt in mir auf, was mit Paradies gemeint sein kann. Christen haben es geschaffen, byzantinische Künstler aus Syrien, Palästina und Jordanien.

Die große Moschee von Damaskus. Vor sechs Jahren bin ich hier gestanden, hab geschaut und gestaunt. Damaskus, Oase der Macht: mit Aleppo und Jericho eine der ältesten kontinuierlich bewohnten Städte der Welt. Kulturell und religiös ein Zentrum des Orients. Und nach Mekka, Medina und Jerusalem der viertheiligste Ort des Islam.

Die große Moschee von Damaskus: Ihre heutige Außenmauer ist identisch mit dem inneren Hof des riesigen Jupiter-Tempels aus römischer Zeit. Unter Kaiser Theodosius wird der Tempel durch eine christliche Basilika ersetzt; sie ist Johannes dem Täufer geweiht. Im Jahr 636 wird Damaskus von islamischen Truppen erobert. Für weitere 70 Jahre aber bleibt die Johannes-Kirche der christlichen Bevölkerungsmehrheit erhalten: Toleranz im Reich der Omayyaden! Erst Kalif al-Walid lässt dann an ihrer Stelle die Moschee errichten. Atemberaubend der Gesamteindruck. Im Haram, im Gebetssaal, herrschen Klarheit und Weite. Und tiefe Stille. Ein durchbeteter Raum.

Einziger Zubau ist ein Schrein: in ihm ruht angeblich das Haupt Johannes des Täufers. Als Prophet Yachya wird der Vorläufer Jesu auch von den Muslimen und Musliminnen verehrt. Am silbernen Gitter, das den Schrein umgibt, unzählige Stoffstreifen. Von Pilgern geknüpft, in der Hoffnung, dass ihre Bitten erfüllt werden. Nahe daran sitzt ein blinder Greis auf dem Teppich. Er legt einem jungen Mann seine Hände auf, segnend, heilend.

"Wenn es das Paradies auf Erden gibt", so schreibt Ibn Jubair, ein Reisender vor mehr als 800 Jahren, "wenn es das Paradies auf Erden gibt, dann gehört Damaskus ohne Zweifel dazu. Und wenn das Paradies im Himmel liegt, dann ist Damaskus sein irdisches Gegenstück." Vor wenigen Jahren habe ich das noch so erlebt.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Shagala
Komponist/Komponistin: Al Mougi
Album: THE BEST ARABIAN ALBUM IN THE WORLD...EVER 2000
Titel: Ana asef
Solist/Solistin: George Wassouf /Gesang m.Begl.
Länge: 02:00 min
Label: EMI Music Arabia 5263002

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