Salzburger Nachtstudio
Scheitern - Von der (G)Kunst des Schiffbruchs. Gestaltung: Michael Reitz
16. Dezember 2015, 21:00
Der amerikanische Soziologe Richard Sennett bezeichnet das Scheitern als das letzte große Tabu des zeitgenössischen Menschen. Trotz des postmodernen Erfolgspostulats gehören das Misslingen, das Schiffbrucherleiden und die existentiell bedrohlichen Abstürze zu den Erfahrungen, die verdrängt oder gar nicht zur Kenntnis genommen werden. Private oder geschäftliche Insolvenzen tauchen in Wirtschaftsstatistiken auf, werden zu einer ökonomischen Größe, die die seelischen Desaster per definitionem nicht in den Blick nehmen kann und soll.
Scheitern kann jedoch auch als Möglichkeit gesehen werden, das tatsächlich Eigene für sich herauszufinden, die Fantasien von Größe und Geltung einer realitätsorientierten Revision zu unterziehen - und damit ein Weiterleben zu ermöglichen, das wesentlich authentischer ist als die Orientierung an Werten, die mit einem selbst nichts zu tun haben. Michael Reitz ist der Kunst des Scheiterns auf der Spur.
Service
Lars Burmeister, Leila Steinhilper "Gescheiter scheitern" Carl-Auer-Verlag, 2011
Gerhard Scheucher "Ein Irrer schreitet die Parade ab" Ibera-Verlag, 2013
Thomas Bernhard "Die Ursache" Residenz-Verlag, 1975
Thomas Bernhard "Der Atem" Residenz-Verlag, 1978