Betrifft: Geschichte

Jakobsweg. Der Ursprung der berühmtesten europäischen Pilgerstraße. Mit Michael Mitterauer, emer. o. Univ.-Prof., Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Wien.
Gestaltung: Martin Adel

Es wird kein Zufall sein, dass die Mythen um das Grab von Jakobus dem Älteren im äußersten Nordwesten Spaniens, in Galizien, ausgerechnet am Ende des 8. Jahrhunderts (bereits in schriftlichen Quellen) auftauchen. Etwa 100 Jahre zuvor hatten die sogenannten "Mauren", nordafrikanische islamische Krieger, auf das iberische Festland übergesetzt und es in kurzer Zeit auch weitgehend in Besitz genommen. Nur eben der äußerste Nordwesten konnte nicht erobert werden. Und von dort sollte auch die sogenannte "Reconquista" ausgehen, die erst rund 7 Jahrhunderte später, gleichzeitig mit der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus, 1492 (mit der Einnahme Granadas) abgeschlossen werden konnte.

Im siebenten Jahrhundert begründet, hatte sich der Islam mit enormer Geschwindigkeit ausgebreitet; Jerusalem (im Osten) galt der Christenheit bis zu den Kreuzzügen als uneinnehmbar verloren; Südeuropa (und damit Rom) war fest in der Hand des Papsttums und strebte nach Norden. Hier machte sich Karl der Große verdient. Aber nun war der Westen bedroht. - Noch heute gibt es einen wichtigen Ort auf dem Jakobsweg mit dem Namen "Villafranca": sozusagen "Franken-Stadt"; besonders fränkische Ritter beteiligten sich am christlichen "Abwehrkampf" gegen die islamischen Eroberer. Santiago wurde so zum christlich-militärischen Symbolort - und mit der angeblichen Grabstatt des im Jahr 44 unserer Zeit den Märtyrertod gestorbenen Apostels auch zum vielleicht wichtigsten Pilgerort im Hochmittelalter. Der erste genaue Reiseführer - mit den verschiedenen Routen, Wegbeschreibungen und Angaben zu Hospizen - stammt aus dem 12. Jahrhundert: der "Codex Calixtinus". Neue Forschungen gehen für diese Zeit von einem jährlichen Pilgerstrom von über einer halben Million Menschen aus. Und so wurde der Jakobsweg auch zu einem wirtschaftlichen und kulturhistorisch bedeutsamen Faktor.

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