Da capo: Tonspuren

In memoriam George Weidenfeld: Spion, Lord und Lebemann. Porträt des englischen Verlegers George Weidenfeld. Von Franz Zeller

Eigentlich ist der jüdische Großbürgersohn aus Wien-Ottakring für die Diplomatenlaufbahn bestimmt, aber noch während seines ersten Jahrs auf der Konsular-Akademie lässt sich Österreich an das Deutsche Reich anschließen. George Weidenfeld fliegt, ausgestattet mit einigen Empfehlungsschreiben, nach England. Wegen seiner Fremdsprachenkenntnisse landet er schließlich beim BBC-Abhördienst und übersetzt dort deutsche Nachrichten für das englische Militär. Gleichzeitig schreibt er Propagandasendungen in Italienisch, in denen er als "unsympathischer Deutscher" immer wieder Ressentiments gegen die Nazis zu entfachen versucht. 1948 wird er Stabschef des ersten israelischen Präsidenten Weizmann, ein Jahr später gründet er zusammen mit einem Freund den Weidenfeld und Nicholson- Verlag, der sich vor allem der Idee eines großen, gemeinsamen Europa verschreibt. George Weidenfeld veröffentlicht in seinem Verlag Joachim Fests Hitlerbiografie genauso wie Tagebuchaufzeichnungen von SS-Leuten. Daneben verlegt er aber auch literarische Titel und ficht u.a. Nabokovs "Lolita" durch, das von den Engländern Ende der 50er Jahre noch als Pornographie empfunden und mit Staatsgewalt bekämpft wird. In den 60er Jahren erhebt die Queen den Kosmopoliten Weidenfeld in den Adelsstand.

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