Salzburger Nachtstudio

Die Lust am Untergang
Apokalyptische Fantasien und Katastrophenszenarien seit Menschengedenken
Gestaltung: Günter Kaindlstorfer

In den Katastrophenfilmen Hollywoods und den Endzeitromanen von Cormac McCarthy und Michel Houellebecq, in Computerspielen, Sachbuch-Bestellern und den Ängsten vieler Menschen vor dem zu erwartenden Klimawandel: die Apokalypse, das drohende planetare Inferno, beschäftigt die Fantasien unserer Kultur.

Dabei ist die Lust an der Apokalypse beileibe keine Erfindung unserer Tage. Im Gegenteil: Die Welt geht schon seit einigen Jahrtausenden unter. Das zeigt der renommierte Mittelalterhistoriker Johannes Fried in seinem neuen Buch "Dies Irae": Von den unheilschwangeren Drohungen alttestamentarisch-jüdischer Propheten über die apokalyptischen Ängste des frühen Christentums und die wollüstigen Manichäismen der Gnosis bis hin zu den "Zeugen Jehovas" und anderen milleniaristischen Sekten von heute: Untergangs-Fantasien prägen die jüdisch-christliche Kultur bereits seit Jahrtausenden. Daran vermochte auch die Aufklärung nichts zu ändern. Im Gegenteil: Heute sind es vor allem naturwissenschaftlich grundierte Endzeit-Szenarien, die für apokalyptische Wollust sorgen - vom Klimawandel bis zum Asteroiden-Einschlag, der das Leben auf der Erde, zumindest theoretisch, schlagartig auslöschen könnte.

Dabei fällt eines auf: Von den Gefahren des sogenannten atomaren Overkills ist in den heutigen Debatten kaum mehr die Rede, ganz im Gegensatz zu den 1980er Jahren, als die Bedrohung durch Pershing-2- und SS-20-Raketen massive Zukunftsängste ausgelöst hat. Heute beschäftigt uns die Angst vor einem Atomkrieg kaum noch, obwohl es durchaus Anlass dafür gäbe - die Nuklearwaffenarsenale sind immer noch prall gefüllt. Abgelöst wurden Atomängste vom Wandel des Weltklimas als derzeit populärstem Endzeit-Szenario. Kulturhistoriker/innen, Psychoanalytiker/innen und andere Wissenschafter/innen sind davon überzeugt: Mindestens so viel wie mit realen Gefahren hat die Angst vor dem Weltuntergang mit dem menschlichen Unbewussten zu tun. Günter Kaindlstorfer begibt sich auf deren Spuren.

Service

BÜCHER:

Johannes Fried: "Dies Irae - Eine Geschichte des Weltuntergangs", C. H. Beck, München, 368 Seiten

Eva Horn: "Zukunft als Katastrophe", S. Fischer, Frankfurt am Main, 480 Seiten

Sendereihe