Dimensionen - die Welt der Wissenschaft

"Ruhelos und rastlos sollst Du sein!"
Eine Ideengeschichte der Unruhe. Gestaltung: Nikolaus Halmer

Die Unruhe ist in vielen Lebensbereichen präsent; sie ist gleichsam der Antriebsmotor der zeitgenössischen Gesellschaft. Fortschrittsdynamik, ökonomische Produktivität oder berufliche Mobilität wurden zu positiven Leitbildern. Der in Kiel lehrende Philosoph Ralf Konersmann geht in seiner umfangreichen Studie "Die Unruhe der Welt" der Frage nach, wie es möglich war, dass dieses Phänomen einen solch zentralen Stellenwert einnehmen konnte. Dabei zeigt sich, dass die Unruhe nicht nur die gegenwärtige Gesellschaft prägt, sondern in der abendländischen Kulturgeschichte tief verwurzelt ist. Die Unruhe findet sich bereits im Alten Testament als Fluch ("Ruhelos und rastlos sollst Du sein!") - als bestimmender Faktor für eine Menschheit, die aus der Paradiesesruhe vertrieben wurde. Diese negative Sichtweise erfuhr in der Aufklärung eine positive Umdeutung. Die Unruhe - in Form der theoretischen Neugierde - bildete die Voraussetzung, sich aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit zu befreien. Von diesem Fundament ging der Revolutionstheoretiker Karl Marx aus: Die Welt sollte nicht mehr interpretiert, sondern radikal verändert werden. Die Unruhe betreibt auch die entfesselte postindustrielle Gesellschaftsform, in der die Beschleunigung auf allen Gebieten vorherrscht. Die Unruhe wird somit zur treibenden Kraft der globalen Spektakelgesellschaft, die auch das individuelle Dasein durchdringt.

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Literaturhinweise

Ralf Konersmann: Die Unruhe der Welt, S. Fischer Wissenschaft

Dirk Baecker: Die Unruhe des Geldes, der Einbruch der Frist; in: Rätsel Geld. Annäherungen aus ökonomischer, soziologischer und historischer Sicht, herausgegeben von Waltraud Schelkle und Manfred Nitsch, Metropolis Verlag

Fernando Pessoa: Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares, Übersetzung: Inés Koebl, Fischer Taschenbuch Verlag, Band 17218

Fernando Pessoa: Der Seemann / O Marinheiro, Übersetzung: Oliver Precht und Nora Zapf
mit einem Nachwort von Marcus Coelen

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