Betrifft: Geschichte

Folter, Flucht und Verdrängung. Chile zur Zeit der Pinochet-Diktatur. Mit Erhard Stackl, Lateinamerikanist, Buchautor und Journalist.
Gestaltung: Hanna Ronzheimer

Mit dem Militärputsch am 11. September 1973 begann das wohl dunkelste Kapitel der modernen chilenischen Geschichte. Über 3.000 Menschen kamen während der Pinochet-Diktatur in Chile durch Mord oder Folter ums Leben. Über den Verbleib vieler Menschen, die zwischen 1973 und 1989 verschwunden sind, herrscht bis heute Unklarheit.

Mit amerikanischer Hilfe stürzte das chilenische Militär den demokratisch gewählten, sozialistischen Präsidenten Salvador Allende und etablierte in kürzester Zeit eine Herrschaft der Angst und Brutalität, gepaart mit einer radikalen Hinwendung zur neoliberalen Marktwirtschaft. Eine Militärjunta besetzte sämtliche staatliche Einrichtungen und funktionierte öffentliche Gebäude zu Folterlagern um. Oberster Machthaber wurde General Augusto Pinochet. Oppositionelle und Anhänger Allendes wurden verhaftet, gefoltert und ermordet. Tausende Chilenen flohen ins Ausland oder wurden des Landes verwiesen. Zwischen 1.500 und 2.000 Chilenen emigrierten in der Zeit des Pinochet-Regimes nach Österreich.

Eine bedeutende Rolle als Ort der politischen Folter spielte die Colonia Dignidad. Die totalitäre Sektengemeinschaft hatte sich von Deutschland nach Chile abgesetzt, um Vorwürfen des Kindesmissbrauchs zu entgehen. Colonia Dignidad-Chef und Gründer Paul Schäfer ließ nicht nur eigene Mitglieder brutal misshandeln, sondern setzte auch auf eine enge Zusammenarbeit mit dem Pinochet-Regime. Hier wurden politische Gefangene auf besonders perfide und systematische Weise gefoltert.

Bei einer Volksabstimmung am 5. Oktober 1988 entschied sich die chilenische Bevölkerung gegen Pinochet und damit für ein Ende der Diktatur. Bei den ersten freien Wahlen am 14. Dezember 1989 gewann der Christdemokrat Patricio Aylwin. Er löste Pinochet am 11. März 1990 als Präsident ab.

Viele Verbrechen aus der Zeit Pinochets sind bis heute ungeklärt geblieben. Lange Zeit beherrschte Schweigen und Verdrängung das gesellschaftliche Klima. Erst in jüngster Zeit lassen sich eine Wende in der Erinnerungskultur und der Wille zur Aufarbeitung der Vergangenheit erkennen.

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