Gedanken

26. Mai 2016, 14:05

"Nur wenn es uns gelingt, urbane Welten zu schaffen, die den menschlichen Grundbedürfnissen entsprechen, werden diese auch nachhaltig funktionieren", meint Elisabeth Oberzaucher, Verhaltensbiologin an der Universität Wien. Sie erforscht menschliches Verhalten aus evolutionsbiologischer Sicht. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten zählen Mensch-Umwelt-Interaktionen, Kommunikation, Attraktivität und Partnerwahl. 2015 wurde sie an der Elite-Universität Harvard gemeinsam mit Karl Grammer mit dem Ig-Nobelpreis für Mathematik ausgezeichnet. Der Ig-Nobelpreis (das englische Wort "ignoble" bedeutet "unwürdig", "schmachvoll") gilt als höchst ehrenvolle Auszeichnung, mit der auch Mut, Humor und Kreativität in der Wissenschaft gewürdigt werden sollen.

Oberzaucher hat gemeinsam mit ihrem Kollegen Karl Grammer untersucht, unter welchen biologischen, sozialen und kulturellen Mechanismen ein Mann 1.171 Kinder zeugen kann. Konkret ging es um den besonders grausamen marokkanischen Sultan Mulai Ismail, der von 1672 bis 1727 herrschte und neben vier Ehefrauen auch einen Harem von rund 500 Frauen hatte. "Nicht wegen der großen Kinderzahl. Da würden 50 bis 100 Frauen ausreichen. Es war eine politische Frage", ist Oberzaucher überzeugt. "Die Frauen, die er in seinem Harem hatte, waren für andere Männer unerreichbar. Die blieben unverheiratet. Und unverheiratete Männer sind bessere Krieger."

Derzeit widmet sich die aus Hermagor stammende Wissenschafterin wieder ihrem eigentlichen Forschungsgebiet, der Urbanität. "Homo Urbanus - Der Mensch in der Stadt" lautet der Arbeitstitel ihres neuen Buches, das noch heuer erscheinen soll. Der Mensch - so Oberzaucher - ist von seinen biologischen Anlagen her für ein naturfernes Leben in der Stadt gar nicht geeignet. Lärm, Luftverschmutzung, Reizüberflutung und andere Stressfaktoren führen zu einer permanenten Überlastung. Als Evolutionsbiologin macht sie sich Gedanken darüber, wie Städte - fernab der alles beherrschenden wirtschaftlichen Bedürfnisse - menschengerechter gemacht werden können, wie die Lebenszufriedenheit wachsen, wie eine funktionierende Nachbarschaft, ein Miteinander in den unterschiedlichen "Grätzln" entstehen kann. Als positives Beispiel führt Oberzaucher den Trend des "Guerilla Gardenings" an, wo unbebaute, brachliegende Flächen im öffentlichen Raum von Anrainer/innen begrünt werden. "Nebst dem unmittelbaren Nutzen werten diese Gärten die Nachbarschaft ästhetisch auf, steigern das Sicherheitsgefühl und es kommt zu einer Abnahme von Vandalismus und Verwahrlosung."

Sendereihe

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Gestaltung

• Doris Glaser