Gedanken für den Tag

von Mirja Kutzer, katholische Theologin und Germanistin. "Im Blick der Kamera" - Zum 90. Geburtstag von Marilyn Monroe. Gestaltung: Alexandra Mantler

Die Monroe gilt als Ikone, als Bild von einer Frau. Tatsächlich haben wir sie als Ikon, eben als Bild in unserem Kopf - oder: als eine ganze Reihe davon.
Die Monroe wäre undenkbar gewesen ohne die Explosion der Bilder, die im 19. Jahrhundert mit der Fotografie begonnen und mit den heutigen Selfies kein Ende gefunden hat. Hollywood ist Teil dieser Bildexplosion, was sich keineswegs nur auf die Filme selbst beschränkt. Da sind die Plakate, die Merchandising-Produkte, die Regenbogenpresse, die Papparazzi.

Viele dieser Bilder haben sich eingebrannt in unser kulturelles Gedächtnis. Niemand könnte sich mit flatterndem Kleid über einen U-Bahnschacht stellen, ohne dabei an die Monroe zu denken, sie quasi zu zitieren. Solche Bilder prägen uns freilich noch viel subtiler. Was halten wir zum Beispiel für einen gelungenen Kuss? Müsste der sich nicht anfühlen, wie er im Film aussieht? Woher kommen die Posen, mit denen sich Menschen im Internet präsentieren? Wie authentisch sind unsere Gesten angesichts all dieser Bilder, die sie immer schon mitprägen?

Die Bilder der Monroe sind hier aufschlussreich. Zum Beispiel das eine, das sie mit mehreren Schauspielerinnen zeigt. Die Blicke der anderen Frauen gehen in den Raum. Es werden Hände in die Hüften gestützt, Lippen geschürzt, die Pose gesucht. Marilyn dagegen sieht direkt in die Kamera. Ihr Blick wirkt offen. Das Haar trägt sie leger, Makeup ist vorhanden, aber eher dezent. Es sieht gemütlich aus, wie sie mit überkreuzten Beinen dort sitzt. So, wie man auch zu Hause auf dem Sofa säße. Sie ist schlicht Marilyn, wie sie wirklich ist - so könnte man meinen.

Doch natürlich ist auch dieses Bild inszeniert. Es ist ein offizieller Fototermin. Marilyn weiß um die Gegenwart der Kamera und kontrolliert bewusst, wie sie erscheinen will. Damit verschwindet hinter den Bildern das, was wir als authentisch bezeichnen würden. Zurück bleibt eine Sehnsucht nach dem "echten" Bild, der Ikone mit dem unmittelbaren Zugang zur Wirklichkeit, die es so womöglich niemals gab.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Harry Ruby/1895 - 1974
Komponist/Komponistin: Herbert Stothart/1885 - 1949
Textdichter/Textdichterin, Textquelle: Bert Kalmar/1884 - 1947
Album: DIAMONDS & PEARLS
Titel: I wanna be loved by you / aus dem Film "Some like it hot" / "Manche mögen's heiß"
Solist/Solistin: Marilyn Monroe /Gesang m.Begl.
Länge: 02:00 min
Label: Edel Rec. 0139262

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