Aus dem Konzertsaal - live aus dem Großen Konzerthaussaal in Wien

ORF Radio-Symphonieorchester Wien, Dirigent: Cornelius Meister; Wiener Singakademie; Simona Saturová, Sopran; Pavol Breslik, Tenor; Adam Plachetka, Bassbariton. Antonin Dvorák: "Svatební kosile" (Die Geisterbraut) op. 69, Ballade nach der Dichtung von Karel Jaromir Erben (1884); Übertragung in Dolby Digital 5.1 Surround Sound. Präsentation: Gerhard Hafner

Der Titel führt in die Irre. Denn: Eine Geisterbraut wird die junge Frau in der vom böhmischen Meister vertonten Ballade des Karel Jaromir Erben nicht. Dies deswegen, weil sie etwas Handfestes davor bewahrt, etwas, das ihr lange Zeit Hoffnung gibt und letztendlich Rettung gewährt vor dem Zugriff des Gespenstes "Svatebni kosile" - das hochzeitliche Hemd, an welchem sie näht und in welches sie Sehnsüchte, Ängste, Hoffnungen und ihre Liebe einarbeitet. Es ist eine grausige Geschichte, verbreitet in vielen Sprachen und Kulturen Europas, im Deutschen klassisch aufgearbeitet in der Ballade "Lenore" des Gottfried August Bürger: Der Bräutigam geht noch einmal in die "Welt" ehe er sich bindet, doch dort geht er verloren - und kommt als Gespenst zurück zu seiner Verlobten. Es ist die menschliche Urangst vor dem Wiedergänger, welche sich die Völker erzählten, um sie zu bewältigen.
Karel Jaromir Erben und Antonin Dvorák entfesseln denn auch auf ganz persönliche Weise mit ihrer Kunst das Grässliche und Bedrängende. Der zurückkehren wollende Bräutigam lässt für seine Braut - die zu Fuß neben ihm herlaufen muss - nichts aus, um ihrer habhaft zu werden um den Preis eines höchst fraglichen wiedergängerischen Weiterlebens. Dichter und Komponist sind aber in ihrer Ausdeutung romantisch-humanistisch geleitet. Erben, der Historiker und Archivar sowie Sammler von literarischen Erzeugnissen des tschechischen Volkes war, suchte in den Bearbeitungen der überlieferten Stoffe zumal die Aspekte des menschlichen Verhaltens zwischen Mann und Frau und die Frage nach Schuld und Sühne herauszuarbeiten. So gelingt es ihm auch, die Braut vor dem Unheil gerettet zu sehen. Standhaftigkeit und letztendlich ein von der Liebe bestimmtes Gebet verhindern es, dass sie die "Geisterbraut" wird. Es ist also ihre eigene Fähigkeit, im entscheidenden Augenblick Richtiges zu tun und so wird sie nicht hinuntergewirbelt in den Strudel des Todes, weil sie sich mit ihren liebenden Worten zu Gott hinwendet. Erben gab seine Sammlung von Märchen und Geschichten seines tschechischen Volkes unter dem Titel "Kytice z povesti narodnich" = "Ein Blumenstrauß aus Volkserzählungen" heraus. Dieser Titel sollte mit seiner Blumenmetapher nicht nur das Blühen der tschechischen Volksfantasie ausdrücken, sondern gleichermaßen auf die Blüten der Erkenntnis, welche das Volk aus diesen Geschichten zieht, hinweisen. In dieser Geisteshaltung ist ihm Dvorák gefolgt. Auch wenn er dem Bösen, dem Grauenvoll-Hässlichen als Komponist keineswegs ausweicht - und es steht ihm da eine breite Palette zur Verfügung, Assoziationen zu einschlägigen Meisterwerken wie Schuberts "Erlkönig" mit inbegriffen - aber dies dient nur zur "objektiven" Darstellung des Sündhaften, das keine persönliche Ausdrucksweise hat, sondern sich stets derselben Mittel bedient. Nur die Treue, die Hoffnung, der Glaube und die Liebe haben einen persönlichen Ton, und den lässt uns der Komponist ganz deutlich hören, wenn seine "Braut" singt.
(J. L. Mayer)

Service

Diese Sendung wird in Dolby Digital 5.1 Surround Sound übertragen. Die volle Surround-Qualität erleben Sie, wenn Sie Ö1 unter "OE1DD" über einen digitalen Satelliten-Receiver und eine mehrkanalfähige Audioanlage hören.

Sendereihe

Gestaltung

  • Gerhard Hafner

Übersicht

Playlist

Komponist/Komponistin: ANTONIN DVORÁK/1841-1904
Titel: "Svatebni kosile" ("Die Geisterbraut") op. 69, Ballade nach der Dichtung von Karel Jaromir Erben (1884) (Aufführung in tschechischer Sprache)
Orchester: ORF Radio-Symphonieorchester Wien
Chor: Wiener Singakademie
Choreinstudierung: Heinz Ferlesch
Solist/Solistin: Simona Saturová/Sopran (Das Mädchen)
Solist/Solistin: Pavol Breslik/Tenor (Der Tote)
Solist/Solistin: Adam Plachetka/Bassbariton (Der Erzähler)
Leitung: Cornelius Meister
Länge: 77:00 min
Label: Alkor/LM

Komponist/Komponistin: ANTONIN DVORÁK/1841 - 1904
Titel: Trio für Klavier, Violine und Violoncello in f-Moll op.65 B.130

* Allegro ma non troppo - 1.Satz (00:12:41)
* Allegretto grazioso - 2.Satz (00:06:43)
* Poco adagio - 3.Satz (00:09:40)
* Allegro con brio - 4.Satz (00:08:59)
Solist/Solistin: Alexander Melnikow /Klavier
Solist/Solistin: Isabelle Faust /Violine
Solist/Solistin: Jean Guihen Queyras /Violoncello
Länge: 38:05 min
Label: harmonia mundi HMC 901833

Komponist/Komponistin: ANTONIN DVORÁK/1841-1904
Bearbeiter/Bearbeiterin: Christian Poltéra /Transkription
Titel: Sonatine für Violine und Klavier in G-Dur op.100 B.183 / Transkription für Violoncello und Klavier von Christian Poltéra

* Allegro risoluto - 1.Satz (00:06:09)
* Larghetto - 2.Satz (00:04:27)
* Scherzo. Molto vivace - Trio - 3.Satz (00:03:08)
* Finale. Allegro molto - 4.Satz (00:06:12)
Solist/Solistin: Christian Poltéra /Violoncello
Solist/Solistin: Kathryn Stott /Klavier
Länge: 19:55 min
Label: BIS SACD1947

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