Gedanken für den Tag

von Johanna Schwanberg, Leiterin des Dommuseums Wien. "Der Jenseitsmaler" - Zum 500. Todestag von Hieronymus Bosch. Gestaltung: Alexandra Mantler

Hier gibt es alles, was es nicht gibt. Oder nur in Träumen und Fantasien. Und in Visionen und halluzinatorischen Zuständen. Groteske Kopffüßler, amorphe Mischwesen aus Pflanzen und Tieren, Monster, die halb Mensch halb Architektur sind. Alles scheint sich ständig zu verwandeln, miteinander zu verschmelzen.

500 Jahre vor dem Aufkommen von Computeranimationen hat der Maler Hieronymus Bosch visionär-apokalyptische Bildszenerien geschaffen, die ihresgleichen suchen. Bis heute stehen Generationen von Künstlern, Schriftstellern, Filmemachern und Musikern unter dem Einfluss des niederländischen Renaissance-Stars. Für die Surrealisten und Dadaisten war er das kreative Vorbild schlechthin. Einer, der Himmel und Hölle mit Farben und Pinseln auf die Erde holte. Für die Rock- und Popszene der 1970er Jahre waren seine ausschweifenden Lustgärten und Höllenszenen der Inbegriff einer von Moral und Prüderie befreiten Welt.

Dabei weiß man über das Leben des am 9. August 1516 in seiner Heimatstadt Hertogenbosch begrabenen Malers kaum etwas. Denn er hinterließ keine Briefe oder Tagebücher. Auch sein Geburtsjahr und sein Ausbildungsweg sind nicht bekannt. Aber wir wissen: Er hieß eigentlich van Aken und war der Spross einer Malerdynastie. Später heiratete Hieronymus Bosch eine Frau aus angesehener Familie und war Mitglied einer religiösen Vereinigung mit dem Namen "Liebfrauenbruderschaft".

Oft überlagert die aufregende Biografie eines Künstler oder einer Künstlerin die Deutung des Werks. Bei Hieronymus Bosch steht ganz alleine das Schaffen im Fokus. Ich sehe den sogenannten "Höllenmaler" auch als Person lebendig vor mir. Als Menschen, der an sich geglaubt haben muss. Schließlich hat er seine Bilder selbstbewusst signiert.

Hieronymus Bosch befasste sich in einer Epoche zwischen Gutenberg, Kolumbus und Luther mit den Themen seiner Zeit. Zugleich wagte er Wege zu gehen, die komplett innovativ waren. Mit jedem einzelnen Bild hat er etwas geschaffen, das in der Form noch nie da war - und bis heute Rätsel aufgibt.

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Anonym
Album: MUSIK AUS MITTELALTER UND RENAISSANCE
Titel: Trotto - Tanz für 2 Blockflöten, Pommer, Saz (Laute), und Schellen
Ausführende: Paul Hofhaimer Consort
Leitung: Michael Seywald
Länge: 02:00 min
Label: Pan Sound PanSC015

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