Betrifft: Geschichte

Stadttypen und ihre Bewohner/innen. Die Geschichte der Urbanität. Von der antiken Polis bis zur postmodernen Kapsel. Mit Manfred Russo, Kultursoziologe und Sozialforscher. Gestaltung: Hanna Ronzheimer

Der heutige Begriff der Urbanität kann auf den spanischen Schriftsteller Isidor von Sevilla (560 - 636) zurückgeführt werden. Er bezieht sich einerseits auf das lateinische "urbs", die aus Steinen erbaute, ummauerte Stadt, andererseits auf "civitas", die städtische Gesellschaft, ihre Werte, Milieus und Kulturtechniken. Der griechische Philosoph Aristoteles sagte einst sinngemäß über die Stadt als Ort der Demokratie und der Politik: "Eine Stadt besteht aus unterschiedlichen Arten von Menschen; ähnliche Menschen bringen keine Stadt zuwege". Aber auch die Stadttypen selbst unterscheiden sich, je nach historischen Epochen und kultureller Prägung.

Im antiken Griechenland war die Polis umgeben von einer Stadtmauer, in dessen Zentrum sich die Agora, der öffentliche Marktplatz, befand - Versammlungs- und Diskussionsort einer überaus extrovertierten Gesellschaft. Residenzstädte im Absolutismus waren wiederum Ausdruck der Macht ihres Herrschers. Nach der französischen Revolution wuchs Paris durch Industrialisierung und Bevölkerungswachstum, bis die alten Stadtmauern schließlich von den modernen Boulevards gesprengt wurden. Eine neue Form des öffentlichen Raums entstand, in dem nicht mehr die Politik, sondern das private Vergnügen im Vordergrund stand. In der Postmoderne wiederum wird sowohl der öffentliche Raum, als auch die soziale Durchmischung schrittweise wieder abgeschafft. Durch abgekapselte, sogenannte Gated Communities, durch privatisiertes Gemeinwesen oder einfach nur mittels einer individualisierten Welt aus Ohrstöpsel und Handy.

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