Land und Laute

Akustische Attacken aus Österreich: Das Endlosband der Moderne - Rolltreppen in Wien und Linz

Auf dem Endlosband der Moderne lässt es sich für die Einen für kurze Zeit innehalten, ohne deshalb langsamer ans Ziel zu gelangen. Den anderen dient die Rolltreppe als zusätzlicher Beschleuniger ihres Laufschritts nach oben oder abwärts in die urbane Tiefe. Denn nur dort, in der Stadt, ist das amtlich "Fahrtreppe" genannte stille Massenverkehrsmittel wirklich heimisch geworden. Als kleine Schwester des Lifts befördert sie tagein, tagaus hunderte Millionen Menschen.
In unser Bewusstsein rückt sie erst bei Stillstand im Pannenfall - und selbst dann funktioniert sie immer noch als Treppe, wie der Komiker Mitch Hedberg so treffend sagte. Das war nicht immer so, denn die frühen Rolltreppen waren veritable Sensationen. Als das erste Modell am 16. Jänner 1893 in der Cortlandt Station in New York zu rotieren begann, empörten sich Zivilisationskritiker über die Degradierung des Menschen zum Stückgut, während Fortschrittseuphoriker die technische Errungenschaft feierten.
Eine Sensation war das Endlosband mit den eingehängten Stufen und dem Handlauf allemal. Die zweite Rolltreppe diente folgerichtig als Attraktion im Vergnügungspark Coney Island, der wiederum bestens mit dem an einen Westernhelden erinnernden Namen ihres Erfinders Jesse W. Reno harmoniert. Dort konnte sie es in punkto Lautstärke wohl durchaus mit den anderen Attraktionen aufnehmen, denn die ersten Rolltreppengenerationen waren noch deutlich lauter (sowie behäbiger) als die auch akustisch so unauffällig gewordenen Mechanikstiegen von heute, die unseren Ohren so wie unserem Bewegungsapparat als Inbegriff technischer Servilität gelten dürfen.

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