Leporello

Anblicke und Einsichten: Der Künstler Anselm Glück

Der Schriftsteller, Maler und Zeichner Anselm Glück ist für sein Schaffen mit zwei renommierten Preisen ausgezeichnet worden: In Berlin empfing er den Oskar Pastior Preis, gestern Abend im Wiener MUSA den H.C.-Artmann-Preis für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Lyrik.

"Schreiben macht Spaß und birgt viele Überraschungen. Zuerst hat man ein Blatt Papier und zum Schluss liegen viele Worte darauf und schlüpfen bei jeder Gelegenheit durch die Augen in den Kopf zurück. Wer schreiben mag, braucht nicht erst zu fragen. Zuerst fängt man an und wird nach und nach tüchtiger. Wer einmal mit dem Schreiben begonnen hat, merkt bald, wie viel Spaß es macht."

Das ist gar keine Lyrik, darauf beharrt Anselm Glück stets, wenn er auf seine Texte angesprochen wird. Die Werke des 1950 in Linz Geborenen entstehen auf recht ungewöhnliche Art: nämlich indem er literarische Klassenschranken überspringt, in fremden Genres wildert und ausschneidet, was er für eine Textmontage brauchen kann. Als willkommene Quelle dienen ihm u.a. Billigbändchen, die im Schnitt um die 50 Cent kosten. "Wir freuen uns auf Weihnachten" hieß ein solches Machwerk einmal. Anselm Glück wandelte die Sätze, die ihm darin besonders gefielen, ab.

"die eingeborenen sind ausgestorben", "meine arme sind herz genug", und "eiserne mimosen" lautet eine Auswahl der zahlreichen von Glück publizierten Titel. "Die Maske hinter dem Gesicht" heißt ein Roman aus jüngerer Zeit. Eben erst habe er übrigens mit seinem nächsten Buch begonnen, sagt Anselm Glück. Noch sei zwar keine Zeile geschrieben, aber - wenn er nur aufmerksam genug schaue, manifestierten sich im Kopf schon die ersten Zeilen.

"Erfinderisch weiß manch heller Kopf lustige Dinge hervorzubringen. Schwelgen die ersten Worte noch durch vielerlei Möglichkeiten, ziehen die nachfolgenden eine immer engere Bahn, und wenn einem nichts mehr einfällt, beginnt man abzuschreiben. Zu guter Letzt steht es einem frei, eine Zeichnung dazu zu machen."

Vor vielen Jahren fragte Leporello Anselm Glück nach seinem liebsten Alltagsobjekt, und der Künstler nannte die Wachspfropfen-Marke "Ohropax", die er brauche, um sich gegen unliebsame Geräusche aus der Außenwelt zu wehren. Das Bedürfnis, sich abzuschirmen, hat Glück heute noch, besonders an "nervösen Tagen", wie er sagt.

Die beiden Preise, besonders der Oskar Pastior Preis, sind hochdotierte literarische Anerkennungen. Für Anselm Glück bedeutet die Geldzuwendung viel, obwohl: auch als armer Poet in jungen Jahren ging er stets unverzagt ans Dichten.

Sind die Zeiten schlecht für die Kunst? Das würde er so nicht sagen, meint Anselm Glück. Und mit einem Blick in seine eigene Kunst-Welt im Kopf meint er guten Muts: "Die Kunst hat immer eine gute Zeit." - Gestaltung: Christa Eder

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