Erasmus-Brücke in Rotterdam

AP/PETER DEJONG

Gedanken für den Tag

von Rupert Klieber, Theologe, Historiker und Professor für Kirchengeschichte. "Größe und Tragik eines Humanisten" - Zum 550. Geburtstag des Erasmus von Rotterdam. Gestaltung: Alexandra Mantler

Lohnt die Erinnerung an den vor 550 Jahren geborenen Erasmus von Rotterdam? Ich meine: ja. Erasmus wusste um die zerstörerische Kraft des Krieges.

Er erlebte dramatische Bauernaufstände, die verheerende Plünderung Roms durch marodierende Söldner, den Eroberungszug der Osmanen am Balkan, wo 1526 die gesamte ungarische Elite am Schlachtfeld von Mohacs liegen blieb, sodass die Türken 1529 erstmals vor Wien standen. Während Niccolò Macchiavelli zur selben Zeit zynischer Machtpolitik das Wort redete, setzte Erasmus große Hoffnungen auf eine gut gebildete junge Fürstenriege, für die er Friedenskonzepte entwarf. Doch auch Heinrich VIII. von England, Franz I. von Frankreich und der Habsburger Karl V. bekriegten einander in wechselnden Koalitionen, vor allem in Italien, wo auch die Päpste als Fürsten des Kirchenstaates mitmischten.

Das Sprachgenie Erasmus konnte das Absurde dieser Kriegslust mit drei lateinischen Worten auf den Punkt bringen: dulcis bellum inexpertis - süß/reizvoll ist der Krieg nur für Ahnungslose; sprich: für jene, die ihn nie am eigenen Leib zu spüren bekamen. Er beklagte ein Schriftstellerleben lang die Gräuel des Krieges, vor allem für die unschuldig betroffene Bevölkerung.

Scharfsinnig erkannte er auch den Pferdefuß der Lehre vom Gerechten Krieg, die Gewalt aus schwerwiegenden Gründen, vor allem zur Verteidigung, erlaubte: Es gab kein neutrales Schiedsgericht dafür - und gibt es im Übrigen bis heute nur in Ansätzen. Um das Versagen des Weltsicherheitsrates in dieser Rolle anzusprechen, genügen die Schlagworte Kosovo, Irak und Afghanistan, vor allem aber Syrien. Viel Leid wäre der Welt seither erspart geblieben, hätte sie auf Erasmus gehört!

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Heinrich Isaac/um 1450 - 1517
Album: MUSIK AUS MITTELALTER UND RENAISSANCE
Titel: Ne piu bella di queste - instrumentale Version einer Frottola - für 4 Gemshörner
Ausführende: Paul Hofhaimer Consort
Leitung: Michael Seywald
Länge: 02:00 min
Label: Pan Sound PanSC015

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