Schönbrunn und eine Kaiser-Franz-Joseph-Figur

APA/AFP/JOE KLAMAR

Salzburger Nachtstudio

Mensch und Mythos.
Zum 100. Todestag von Kaiser Franz Joseph.
Gestaltung: Martin Haidinger

Der 1830 geborene Habsburger Franz Joseph hat einen denkbar weiten Weg genommen - vom Despoten zur Vaterfigur. Einer, der 1848 mit Kanonen für Ruhe sorgte, und 1914 mit der Feder einen Weltkrieg eröffnete. Vom blutjungen, als Kaiser hergerichteten 18-Jährigen, zum "guten, alten Herren in Schönbrunn". Am 21. November 2016 jährt sich sein Tod zum 100. Mal.

Kaiser Franz Joseph I. verwaltete eine Ära großer Kulturleistungen, mit denen er selbst sich nicht belastete. Der Beherrscher der Donaumonarchie war ein nüchterner Schreibtischtyp, der indes von vielen so sehr verehrt wurde, dass sein Bewunderer, der Schriftsteller Joseph Roth, sagen konnte: "Österreich-Ungarn, das ist jenes Stück Erde, das der liebe Gott Kaiser Franz Joseph anvertraut hat". Vielleicht der letzte Monarch alten Typs, ein apostolischer Herrscher von Gottes Gnaden. Mehr Mythos als Mensch? Jedenfalls ein Phantom, dessen Nachruhm bisweilen groteske Züge hat, vor allem im Nostalgie-Rummel à la "Sissi".

Dabei war seine Regierungszeit alles andere als ein Kitschroman. Das Bewusstsein für das Gottesgnadentum des Herrschers bekam Franz Joseph frühzeitig von Lehrern wie Metternich eingeimpft. Zeitlebens blieb er als Kaiser gegenüber einer Teilhabe der Bevölkerung an der Macht skeptisch bis feindselig eingestellt, auch, wenn er nach und nach diverse Verfassungen zulassen musste.

Vielleicht erklärt das auch seine politische Langlebigkeit; ein wie aus der Zeit gefallener, konsequent antimodernistischer Monarch, der nicht um Popularität heischte, mochte zeitlos und genau dadurch unsterblich wirken.

Einen realpolitischen Hintergrund hatte die Liebe zum Kaiser vor allem für die "kleinen Völker" seines Reichs. Sie band Slowaken, Ukrainer, Slowenen, Bosnier, Kroaten, Rumänen und Juden und sogar so manche Tschechen und Polen an ein Österreich, das ihnen Schutz vor der Übermacht der großen Nationalitäten, der Magyaren und der Deutschen versprach. Franz Joseph schien der Garant dafür zu sein und regierte in einem komplizierten Schaukelspiel durch eine Balance der Gewichte. Bis zum Weltkrieg. Er begann ihn sehenden Auges, tat so als sei es ein weiterer Balkankrieg, unterschätzte die Gegner und überschätzte die österreichische Armee. Oder doch nicht? "Wenn wir schon zugrunde gehen müssen, dann wenigstens anständig!", soll er 1915 gesagt haben. Wenigstens eine Vision ...

Historikerinnen und Historiker präsentieren in einer Sendung von Martin Haidinger den aktuellen Wissensstand zu den historischen Fakten hinter dem Mythos Kaiser Franz Joseph.

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