Violine

AFP/ADRIAN DENNIS

Radiokolleg - Die goldene Ära der Virtuosen

Von Teufelsgeigern und Tastenrittern
(1). Gestaltung: Verena Gruber

Die goldene Ära der Virtuosität fällt in die Zeit der Romantik. Virtuosen waren im 19. Jahrhundert Musiker (und gleichzeitig Komponisten), die Höchstleistungen vollbrachten, dem Geniebegriff und dem Starkult zu einer ersten Ausprägung verhalfen, auf ständiger Suche nach Optimierung und Perfektionierung waren, ausgedehnte Konzertreisen kreuz und quer durch Europa unternahmen und sich im Wettkampf maßen. Die Romantik brachte eine Unzahl von Virtuosen und Virtuosinnen hervor: Franz Liszt, Frederic Chopin, Friedrich Kalkbrenner, John Field, Heinrich Wilhelm Ernst, Joseph Joachim sowie Clara Schumann und Marie Jaell und viele andere. Alle wurden zu Lebzeiten verehrt, doch nicht alle genießen heute denselben Bekanntheitsgrad.

Unzertrennlich verbunden mit dem Begriff der Virtuosität ist der italienische Geiger und Komponist Niccoló Paganini. Er ist der Virtuose schlechthin! 1782 in Genua geboren, galt er als Teufelsgeiger und war wohl der erste Superstar der Musikgeschichte. Vom Vater wurde er zum Wunderkind gedrillt, entwickelte dann überwiegend autodidaktisch seine einzigartige Technik und revolutionierte das Geigenspiel wie keiner vor oder nach ihm. Nach einigen Jahren als Konzertmeister in Lucca war er fast ununterbrochen auf Tournee in Europa. Bereits zu Lebzeiten verselbstständigten sich die Gerüchte über ihn: Er galt als "Hexenmeister", der einen Pakt mit dem Teufel eingegangen war. Das Spiel mit der Selbstinszenierung beherrschte er bis zur Perfektion. Bereits sein Erscheinungsbild hatte etwas Dämonisches: Er war hager, ging gebeugt, trug sein Haar wirr und seine Konzertkleidung schwarz. Zeitgenossen berichteten, dass die Frauen reihenweise in Ohnmacht fielen und der Saal tobte, während Paganini wie besessen auf der Bühne spielte und Saiten und Bogenhaare zerriss.

Verena Gruber beleuchtet in ihrer "Radiokolleg"-Reihe kulturelle, musikwissenschaftliche und soziologische Aspekte der goldenen Ära der Virtuosen, indem sie eine begriffliche Bestimmung vornimmt, in einem historischen Abriss die ersten Virtuosen der Musikgeschichte analysiert und sich dann ausführlich der Hochphase des Virtuosentums im 19. Jahrhundert widmet. Außerdem wendet sich die vierteilige Reihe auch den (heute) weniger bekannten Virtuosen und den Virtuosinnen zu, erklärt wie Gerüchte und Legenden rund um Virtuosen entstehen, erzählt, wie ganze Menschenmassen in Trance versetzt worden sind, was es mit dem Wettkampf auf sich hat und wie gefährlich die Grenze zur Hohlheit beim Virtuosentum ist. Das Portrait über Niccoló Paganini im vierten Teil der Reihe ist in Paganinis Heimatstadt Genua entstanden.

Neben ausgewiesenen Musikexperten zu den einzelnen Themen, kommen auch heutige Virtuosen auf der Geige oder dem Klavier zu Wort.

Service

Literatur:

Musikalische Virtuosität, hg. im Auftrag des Staatlichen Instituts für Musikforschung, Berlin - Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Reihe Klang Begriff, von Heinz von Lösch, Ulrich Mahlert, Peter Rummenhöller (Hg), 2004.

Virtuosität in Musik und Magie: Niccolò Paganini und Johann Nepomuk Hofzinser, Vahid Khadem-Missagh, herausgegeben von Cornelia Szabó-Knotik, Hollitzer Verlag, 2016 (Musikkontext 10).

Szenen des Virtuosen, von Gabriele Brandstetter/ Bettina Brandl-Risi/ Kai van Eikels, Edition Kulturwissenschaft, transkript Verlag 2017.

Biographie und Musikgeschichte, Wandlungen biographischer Konzepte in Musikkultur und Musikhistoriographie, von Melanie Unseld, Böhlau Verlag 2014.

Florentinische Nächte, von Heinrich Heine, Severus Verlag 2016.

Lutetia, von Heinrich Heine, BoD - Books on Demand 2015.

Sendereihe

Gestaltung

  • Verena Gruber

Playlist

Komponist/Komponistin: Niccolo Paganini
Gesamttitel: 24 Capricci für Solovioline op.1
Titel: Capriccio für Violine op.1 Nr.24 in a-moll
Capricen
Solist/Solistin: Julia Fischer /Violine
Länge: 04:28 min
Label: Decca 4782274

Komponist/Komponistin: Johann Sebastian Bach
Titel: Brandenburgisches Konzert Nr.4 in G-Dur BWV 1049
* Presto - 3.Satz (00:04:53)
Orchester: Concentus Musicus Wien
Leitung: Nikolaus Harnoncourt
Länge: 05:01 min
Label: Teldec 842823

Komponist/Komponistin: Niccolo Paganini
Bearbeiter/Bearbeiterin: Salvatore Accardo
Titel: Konzert für Violine und Orchester Nr.2 op.7 in h-moll
* Allegro maestoso - 1.Satz (00:14:57)
Populartitel: La Campanella
Violinkonzert
Solist/Solistin: Salvatore Accardo /Violine
Orchester: London Philharmonic Orchestra
Leitung: Charles Dutoit
Länge: 15:01 min
Label: DG 4153782

Komponist/Komponistin: Franz Liszt
Titel: Konzert für Klavier und Orchester Nr.1 in Es-Dur
* Allegro maestoso. Tempo giusto - 1.Satz (00:05:06)
Klavierkonzert
Solist/Solistin: Zoltan Kocsis /Klavier
Orchester: Budapester Festival Orchester
Leitung: Ivan Fischer
Länge: 05:06 min
Label: Philips 422380-2

Komponist/Komponistin: Giovanni Battista Viotti
Album: MUSIK FÜR VIOLINE UND ORCHESTER
* Agitato assai - 3.Satz (00:06:59)
Titel: Konzert für Violine und Orchester Nr.22 in a-moll G.97
Violinkonzert
Solist/Solistin: Elizabeth Wallfisch /Violine
Orchester: The Brandenburg Orchestra
Leitung: Roy Goodman
Länge: 07:08 min
Label: Hyperion CDA 66840

Komponist/Komponistin: Franz Liszt
Album: LISZT: DAS GESAMTWERK FÜR SOLOKLAVIER, Vol.55
Titel: Valse melancolique S.210 ( erste Fassung, 1839 ) für Klavier
Gesamttitel: GRANDE FANTAISIE SUR LA CLOCHETTE U.ANDERE ERSTE GEDANKEN U.ZWEITE ENTWÜRFE
Solist/Solistin: Leslie Howard /Klavier < Steinway >
Länge: 05:11 min
Label: Hyperion CDA 67408/10 (3 CD) CD 1

Komponist/Komponistin: Vincenzo Bellini
Bearbeiter/Bearbeiterin: Franz Liszt
Album: FRANZ LISZT: OPERN FANTASIEN
Titel: Fantasie (Paraphrase) über die Oper "Norma" - für Klavier
Anderssprachiger Titel: Reminiscence de Norma
Norma Reminiszenz
Solist/Solistin: Nicola Frisardi /Klavier
Länge: 17:37 min
Label: EMI 7547952

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