Radiodoktor - das Ö1 Gesundheitsmagazin

1. Verbitterung - Wenn Kränkung die Seele gefangen nimmt
2. Familienlotse - Psychologische Hilfe für Kinder mit Krebs und deren Familien

1. Verbitterung - Wenn Kränkung die Seele gefangen nimmt

Am vergangenen Freitag kam Josef Haders Film "Wilde Maus" in die heimischen Kinos. Mit über 52.000 verkauften Tickets am ersten Wochenende war dies der erfolgreichste Kinostart eines österreichischen Filmes seit 15 Jahren. Was wohl auch mit dem hochaktuellen Inhalt zu tun hat. Der Musikkritiker Georg, 50 Jahre alt, wird bei einer Wiener Zeitung gekündigt, versteht die Welt nicht mehr und startet voller Verbitterung einen Rachefeldzug gegen seinen Ex-Chef. Jeder Mensch kennt das Gefühl der tiefen Kränkung. Manche Personen werden von Lebensereignissen wie einer verletzenden Trennung, Zerwürfnissen mit den eigenen Kindern, einer Beleidigung durch die beste Freundin oder gar den Tod eines geliebten Menschen so stark getroffen, dass sich eine so genannte posttraumatische Verbitterungsstörung entwickelt. Dieser Begriff wurde 2003 von dem deutschen Psychiater und Psychologen Michael Linden ins Leben gerufen. Zwei bis drei Prozent der Bevölkerung sind von diesem Gemütszustand betroffen, Frauen gleich viele wie Männer und im Prinzip ist niemand davor gefeit. Verbitterte Menschen können sich vom kränkenden Ereignis nicht mehr lösen, die Erinnerungen daran kommen immer wieder hoch und die Grundstimmung ist melancholisch-depressiv. Ganz wesentlich sind aber die wütenden und aggressiven Tendenzen: im schlimmsten Fall Selbstmordgedanken, bzw. mörderische Gedanken gegenüber anderen. Als Behandlungsmöglichkeit hat Michael Linden die so genannte Weisheitstherapie entwickelt. Medikamente spielen nur eine untergeordnete Rolle. Ein Beitrag von Manuel Simbürger.

2. Familienlotse - Psychologische Hilfe für Kinder mit Krebs und deren Familien

Die Diagnose Krebs trifft Menschen fast immer wie ein Blitzschlag aus heiterem Himmel. Erkranken die eigenen Kinder potenzieren sich Ohnmacht und Hilflosigkeit. Im Wechselbad von Gefühlen wie Trauer, Zorn, Hoffnung, Resignation und völliger Erschöpfung sind Eltern, ihre erkrankten Kinder und deren Geschwister einer enormen psychischen Belastung ausgesetzt. Hier psychosozial unterstützend beizustehen ist nicht nur ein Akt der Menschlichkeit, sondern beeinflusst den Alltag dieser Familien positiv und damit im günstigsten Fall auch den Krankheitsverlauf. Das ist inzwischen medizinisch anerkannt und übliche Praxis. In manchen Fällen reicht die psychologische Betreuung im Spital aber nicht aus. Das stellte das Elternpaar Maria und Paul Mensdorff-Pouilly fest, als ihre Tochter Mimi erkrankte und letztendlich den Kampf gegen Krebs verlor. Aufgrund dieser Beobachtung gründeten sie 2014 im St. Anna Kinderspital das Projekt "Familienlotse". 2015 wurde es auf die Kinder-Onkologie am Wiener AKH ausgeweitet. Uschi Mürling-Darrer hat mit der Familienlotsin Mag.a Agathe Schwarzinger und Paul Mensdorff-Pouilly darüber gesprochen.

Redaktion: Christoph Leprich und Nora Kirchschlager

Service

1. Verbitterung:

Prof. Dr. Michael Linden
Psychiater und Psychologe
Charité Universitätsmedizin Berlin
Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation
12200 Berlin
E-Mail
Forschungsgruppe Psychosomatische Rehabilitation

Michael Linden, Kai Baumann, "Weisheitskompetenzen und Weisheitstherapie. Die Bewältigung von Lebensbelastungen und Anpassungsstörungen", Pabst Science Publishers, 2008

Michael Linden, "Fortschritte der Psychotherapie: Verbitterung und Posttraumatische Verbitterungsstörung", Hogrefe Verlag, 2017

Frank-M. Staemmler, "Kränkungen: Verständnis und Bewältigung alltäglicher Tragödien",
Klett-Cotta, 2016

Reinhard Haller, "Die Macht der Kränkung", Ecowin 2015

Bärbel Wardetzki, "Nimm's bitte nicht persönlich. Der gelassene Umgang mit Kränkungen",
Kösel-Verlag, 2012

Andreas Salcher, "Der verletzte Mensch: An Verletzungen wachsen statt zerbrechen",
Goldmann Verlag, 2011


2. Familienlotse:

Mag.a Agathe Schwarzinger
Klinische- und Gesundheitspsychologin, Kunsttherapeutin, Biofeedback-Therapeutin, mobile Psychologin im Rahmen des Projekts "Familienlotse"
Hämato-Onkologie am St. Anna-Kinderspital
Kinderspitalgasse 6
1090 Wien
+43 1 40170-0
E-Mail
http://www.stanna.at/content.php?p=64&lang=de|Hämato-Onkologie St. Anna Kinderspital]

Paul Mensdorff-Pouilly
Projekt Familienlotse
Kinderspitalgasse 7
1090 Wien
T: 01/408 50 90
E-Mail
Familien-Lotse

Spendenkonto:
IBAN: AT86 1400 0041 1014 7800
BIC: BAWAATWW

Kinderkrebshilfe Elterninitiative
Psychosoziales Team der Neuroonkologie an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde am AKH Wien
Österreichische Kinderkrebshilfe
St. Anna Kinderkrebsforschung

Sendereihe