Andy Warhol, 1969

ASSOCIATED PRESS

Gedanken für den Tag

von Johanna Schwanberg, Leiterin des Dommuseums Wien. "Meister der Oberfläche" - Zum 30. Todestag von Andy Warhol. Gestaltung: Alexandra Mantler

"Ist es nicht großartig, wie schrecklich Autowracks sind?", fragte der amerikanische Pop-Art-Star Andy Warhol einmal in der für ihn charakteristisch provokanten Art.

Andy Warhol - berühmt dafür, dass er Verpackunsgkartons zu Skulpturen erklärte und Filmstars wie Marilyn Monroe auf Bildern verewigte, umkreiste in seiner Kunst seit den frühen 1960er Jahren immer wieder auch die Todesthematik. Dabei griff der Papst der Popkunst auf Schreckensbilder zurück, wie sie einem in Zeitungen und Fernsehnachrichten tagtäglich begegnen: Flugzeugabstürze, Autounfälle, Attentate, Selbstmorde.

Zu den bekanntesten Werken dieser Tod- und Katastrophenbilderserie gehören die Car-Crash-Bilder. Das Auto, Symbol des sozialen Wohlstands und technischen Fortschritts, wird hier als todbringendes dargestellt. Durch serielle Aneinanderreihung desselben Motivs in gleichmäßiges Grün, Orange oder Rot getaucht wird der individuelle Tod in einen kollektiven verwandelt. Der Tod im "Automobilsarkophag" kann jeden treffen, egal ob arm oder reich, ob jung oder alt - so eine mögliche Lesart.

Mich berühren diese Serien eigentümlich. Weil sie äußerst widersprüchliche Gefühle auslösen, indem sie eine Mischung aus Horror, Distanziertheit und Schönheit vermitteln. Wie kann ein so grauenhaftes Motiv ein so dekoratives Bild ergeben? Fungiert der gewaltsame Unfalltod hier als Wohnzimmerschmuck für Superreiche? Ein Gedanke, der mir kam, als ein Werk dieser Serie bei einer Auktion vor einiger Zeit für die unglaubliche Summe von 105 Millionen Dollar unter den Hammer kam.

So schnell lassen sich diese automobilen Totentänze aber nicht abwerten. Vielmehr sensibilisieren sie - ganz ohne zu moralisieren - für den Umgang der Konsum- und Mediengesellschaft mit massenmedial verbreiteten Bildern des Todes. Und sie erinnern daran, dass der Tod auch dort präsent ist, wo er so gar nicht vermutet wird, wie Andy Warhol antwortete, als man ihn fragte, warum er sich in seiner Kunst neben Coca Cola, Dollarscheinen und Filmstars so oft mit dem Sterben auseinandersetze: "Weil ich erkannte, dass alles mit dem Tod zusammenhängt."

Service

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Sendereihe

Gestaltung

Playlist

Komponist/Komponistin: Lou Reed
Bearbeiter/Bearbeiterin: Velvet Underground
Titel: I'll be your mirror
Will
Ausführende: The Velvet Underground & Nico /Gesang
Länge: 02:00 min
Label: Verve 8232902

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