NAFTA und die Folgen für Mexiko - Teil 2

Landwirtschaft und Mais

Die mexikanischen Bauern kämpfen ums Überleben, und das obwohl Mexiko die Heimat von Mais, Bohnen, Zwiebeln, Paprika, Tomaten, Ananas, Tabak und Schokolade ist und sich diese Nahrungs- und Genussmittel von hier aus über die ganze Welt verbreitet haben.

"Mais ist in Mexiko das Hauptnahrungsmittel, keine andere Pflanze wird so viel angebaut, kein anderes landwirtschaftliches Erzeugnis hat ein größeres Produktionsvolumen oder mehr Produzenten", sagt Ana de Ita, die Leiterin von CECCÁM, dem "Studienzentrum für einen Wechsel in der Agrarpolitik".

Importierter Mais billiger als heimischer

Seit 1996 hat die mexikanische Regierung fast alle Schranken für Maisimporte, vor allem aus den USA, fallen lassen. Die Folge ist, so Ana de Ita, dass der Mais der heimischen Kleinbauern teurer ist als der importierte und die Kleinbauern nicht einmal mehr in Mexiko etwas verkaufen können. Und das sei nur eine der Folgen von NAFTA, dem "Nordamerikanische Freihandelsvertrag" zwischen USA, Kanada und Mexiko.

Umfassende Daten belegen diese Aussage: In den USA ist der durchschnittliche Ertrag pro Hektar vielmal so hoch wie in Mexiko, die Produktionskosten pro Tonne machen nur die Hälfte aus und die Arbeitsproduktivität ist 18 mal höher. Dies hat zur Folge, dass der importierte Mais aus den USA nur rund die Hälfte des mexikanischen kostet. Ähnlich, so versichert die Expertin, sei die Situation auch bei anderen Landwirtschaftsprodukten.

Lage der Bauern ist aussichtslos

Wettbewerbsvorteile hätte Mexiko theoretisch nur bei tropischen Früchten. Um diesen Vorteil allerdings zu nutzen, müsste das Land die gesamte Anbaupolitik umwälzen, denn seit Jahrzehnten hat man sich Mexiko vor allem auf die Produktion der Grundnahrungsmittel für die 105 Millionen Einwohner konzentriert. Und so werden nur fünf Prozent der Anbaufläche für Früchte und drei Prozent der Fläche für Gemüse genutzt.

Die Lage vieler Bauern ist folglich aussichtslos. Denn während ihre Konkurrenten in den USA immer höhere Fördermittel bekommen, wurden die Subventionen für die mexikanischen Bauern gekürzt. Darüber hinaus hat die mexikanische Regierung auch das staatliche Vermarktungsunternehmen Conasupo aufgelöst, das den Bauern ihren Mais zu einem höheren Preis abgekauft und den Konsumgesellschaften zu einem niedrigeren Preis weiterverkauft hat.

Zwei Agrarriesen

Seit der Auflösung des Staatsunternehmens liegt der mexikanische Maismarkt in den Händen von zwei großen transnationalen Konzernen: Maseca und Minsa. Diese beiden Unternehmen sind die größten Käufer von mexikanischem Mais, sie sind gleichzeitig aber auch die größten Importeure von US-Mais. Sie bilden ein Kartell, diktieren die Preise und bestimmen, wie viel Mais sie den mexikanischen Bauern abnehmen.

Als größte Maisimporteure sind die beiden Agrarriesen überdies auch mitverantwortlich für die Verbreitung von gentechnisch verändertem Mais, dessen kommerzielle Aussaat in den USA bereits seit 1996 erlaubt ist.

Gentechnisch veränderter Mais

Zwar wurde die Aussaat von gentechnisch verändertem Mais in Mexico verboten, im NAFTA-Vertrag gibt es aber diesbezüglich keine Regeln für die Mais-Importe aus den USA. Im Gegensatz zu Japan und anderen Ländern hat Mexiko für importierten Mais aus Amerika nie eine Kennzeichnung von gentechnisch verändertem Mais verlangt.

Schätzungen zu Folge bestehen mindestens 40 Prozent der Mais-Importe in Mexiko aus genmanipuliertem Mais. Nach Berechnungen des Studienzentrum für einen Wechsel in der Agrarpolitik" hat Mexiko zwischen 1998 und 2003 neun Millionen Tonnen genmanipulierten Mais importiert. "Und diese neun Millionen Tonnen sind auf irgendwelchen Feldern gelandet, ohne dass jemand etwas davon gewusst haben will", sagt Ana de Ita.

Auch so genannter Starlink-Mais, der auf Grund neu eingeführter Gensequenzen ein Protein beinhält, das im Verdacht steht, beim Menschen Allergien auszulösen. Diese Maissorte tauchte im Jahr 2000 in vielen amerikanischen Lebensmitteln auf und löste eine beispiellose Rückholaktion von Lebensmittelprodukten aus.

Starlink-Mais ist in den USA bis heute nur als Futtermittel zugelassen. Dennoch taucht er immer wieder in Lebensmitteln auf und seine weltweite Verbreitung scheint ebenfalls nicht zu verhindern zu sein.

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Hör-Tipp
Radiokolleg, Montag, 3. April bis Donnerstag, 6. April 2006, 9:05 Uhr

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