Neue Möglichkeit der Finanzierung

Kredite für die Ärmsten

Mikrokredite sind ein relativ neues Mittel, Menschen zu helfen, sich aus ihrer Armut zu befreien. Noch vor 30 Jahren war selbst der Begriff Mikrokredit unbekannt. Die UNO hat 2005 zum internationalen Jahr der Mikrokredite erklärt.

"Mikrofinanzinstitutionen hätte es nie gegeben, wenn die überkommenen Bankregeln eingehalten worden wären. Banken geben Kredite an die Besitzenden, Mikrofinanzinstitutionen geben Kredite an die Armen, Banken geben Kredite zumeist an Männer, Mikrofinanzinstitute an Frauen; Banken verlangen Sicherheiten, die meisten Klienten und Klientinnen von Mikrofinanzinstitutionen verfügen über keine Sicherheiten. Banken erfordern viel Papierarbeit, viele Klienten von Mikrofinanzinstitutionen sind Analphabeten. So viele Regeln mussten also gebrochen werden, damit dieses andere Modell Erfolg haben konnte“, erklärt Sam Daley-Harris, der Direktor der Internationalen Mikrokreditkampagne.

1,2 Milliarden Menschen leben von weniger als einem Dollar pro Tag. Trotzdem haben die meisten noch nie von Mikrokrediten gehört. Das Ziel des von der UNO ausgerufenen Internationalen Jahres der Mikrokredite 2005 bestand darin, die Aufmerksamkeit der zuständigen Institutionen darauf zu lenken.

Neue Finanzierungsmöglichkeit

Noch vor 30 Jahren war selbst der Begriff Mikrokredit unbekannt. Es gab alle möglichen Arten von Bankkrediten, derer die große Mehrheit der Menschen allerdings als nicht würdig empfunden wurde.

Denn ihnen fehlte die wichtigste Voraussetzung: Sie konnten keinerlei Sicherheiten bieten. Viele Arme, die sich im informellen Sektor mühselig ihr Überleben verdienen, wurden - und werden bis heute - damit in die Abhängigkeit von Wucherern gedrängt.

Abhängig von Wucherern

Zu den von einem Wucherer abhängigen Personen zählte lange auch Sufia Begum aus dem Dorf Jobra, das nahe der Hafenstadt Chittagong in Bangladesch liegt. Sofia Begum flocht Bambusstühle, konnte es sich aber nicht leisten, das nötige Material am Markt zu kaufen.

So musste sie das Angebot des Zwischenhändlers annehmen, der ihr das Material zwar zu geben bereit war, allerdings eine Bedingung stellte: Sofia Begum musste ihm zu dem von ihm festgesetzten Preis die Stühle verkaufen. Es war ein Deal, bei dem Sufia Begum nach jedem langen Arbeitstag wieder nur gerade über das nötigste Kleingeld zum Überleben verfügte.

Sufia Begum lebte in dieser absoluten Armut, als Mohammed Yunus, damals Leiter der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität von Chittagong, die Frau kennen lernte. Eine Befragung von 42 Personen in Jobra ergab, dass ihnen lediglich eine Gesamtsumme von 27 Dollar Startkapital fehlte, mit dem sie sich aus der Abhängigkeit vom Wucherkapital würden befreien können.

Mohammed Yunus beschloss, die 27 Dollar aus seiner eigenen Tasche zu verleihen.

Mikrokredite als Allheilmittel?

Dieser Mikrokredit war jener Schritt, der ein knappes Jahrzehnt später - 1983 - zur Gründung der Grameen-Bank führen sollte. 95 Prozent Kreditnehmer sind heute Frauen. Die Rückzahlungsrate beträgt 99 Prozent. Grameen hat bereits Nachahmer in mehreren Dutzend Ländern gefunden.

Selbst die Verfechter von Mikrokrediten bezeichnen dieses Instrument nicht als Allheilmittel. Schließlich ist die Armut ein systemisches, strukturelles Problem.

Was viele Skeptiker beunruhigt, ist die Tatsache, dass sich das Mikrokreditsystem problemlos in das neoliberale Paradigma integrieren lässt. Wird jeder ein Unternehmer? Eine Ich-AG? Wo bleibt der Staat? Das sind die Fragen, die die Skeptiker aufwerfen. Sie fordern, dass Organisationen wie die UNO sich um die Förderung von Entwicklung im umfassenden Sinn kümmern.