Ö1 CD-Edition vor Abschluss

Die Symphonie, bedeutend für Wellesz' Spätwerk

Es ist kein Zufall, dass gerade die Symphonie zu einer der bestimmenden Gattungen des Spätwerks von Egon Wellesz wurde: Denn hier wird Essentielles ausgedrückt. Ö1, dessen Wellesz-CD-Edition bald abgeschlossen ist, gedenkt des Komponisten mit einem Konzert.

Man muss nur die Untertitel lesen, um die lebensentscheidenden Demarkationslinien zu erahnen: 4. Symphonie - Untertitel "Sinfonia Austriaca", 5. Symphonie - "The English". Mittlerweile sind in der Ö1 Wellesz-Edition bereits sieben der neuen Symphonien in Ersteinspielungen mit dem "RSO Wien" unter Gottfried Rabl auf 3 CDs erschienen. Die letzte CD der Wellesz-Edition mit den Symphonien 3 und 5 wird im Frühjahr 2005 präsentiert.

Die "Sinfonia Austriaca" komponierte Egon Wellesz zwischen 1951 und 1953 in England. Und schon dass der Untertitel lateinisch ist, verrät viel über die Art der Beziehung zu seiner alten Heimat. Es ist ganz bewusst nicht der Versuch, kompositorisch in ein gegenwärtiges Österreich der 1950er Jahre zurückzukehren. Auch nicht der Versuch, im damals zeitgenössischen Musikleben Österreich anzudocken. Stattdessen errichtet sich Wellesz mit symphonischen Mitteln eine Art imaginäre Heimat. Eine Heimat, die als solche, als in die Gegenwart übersetzte Erinnerung, auch nicht mehr zerstörbar ist.

Symphonien als Spätwerk

Symphonik bei Wellesz - das heißt zugleich mehr oder weniger "Spätwerk". Mit der 5. Symphonie, sie entstand Ende der 50er, Anfang der 60er Jahre und Wellesz war damals über 70, vollzog er noch einen entscheidenden Bruch in seiner Entwicklung und ließ einige, bis dahin als Tabu gehandhabte Vorgaben hinter sich, im Harmonischen ebenso wie im Formalen.

Das Wort Symphonie ist ihm ab dann kein Begriff mehr, der musikalisch formative Kraft hat, von wegen Sonatenhauptsatzform, sondern der Begriff Symphonie ist endlich kondensiert, eingedampft auf seine atmosphärische Bedeutung der emotionalen und expressiven Kraft einer bestimmten Orchestertradition.

Essentielles in der Königsdisziplin

Es ist kein Zufall, dass ausgerechnet die Gattung der Symphonie zu einer der bestimmenden Gattungen des letzten Lebensdrittels dieses Komponisten wurde: Mehr als in Kammermusik und selbst mehr als in der in seinen jungen Jahren so erfolgreich bestrittenen Gattung Oper lässt sich für Wellesz in der konzertanten Königsdiziplin das Essentielle ausdrücken.

Und als solche verstand Egon Wellesz die Tradition der Symphonie, insbesonders der Wiener Symphonie von Beethoven über Bruckner zu Mahler. Einer seiner eigenen Anmerkungen folgend: Es war überhaupt erst die Distanz zu Wien und zu Gustav Mahlers Symphonien, die ihm das Symphonie-Schreiben wieder ermöglichte.