Von einem Tag zum nächsten

Wie 100-Jährige leben

Neunhundert Menschen in diesem Land haben ein dreistelliges Alter erreicht. Sie wohnen meist in Altersheimen, werden versorgt und betreut und leben mit festem Tagesablauf. Hundertjährige machen keine langfristigen Pläne.

Hundert Jahre alt zu werden ist heute keine Seltenheit mehr. Jährlich steigt die Lebenserwartung in den Industrieländern um drei Monate. In Österreich gab es zum Beispiel vor 60 Jahren nur vier 100-Jährige, heute gibt es über neunhundert.

Im Senioren-Heim

Lilli Stöger gehört seit dem 10. November 2007 der Generation "100 Plus" an. Vor einem Jahr ist sie in das Senioren-Wohnheim "Rossau" im 9. Wiener Bezirk gezogen. Dort bewohnt sie ein 40-Quadratmeter-Apartment. Die kleine Wohnung ist hell, freundlich und überschaubar. Vom kleinen Vorraum aus führt rechts eine Tür in das Badezimmer, geradeaus geht es in den Wohn-Schlafraum. Eingerichtet hat Lilli Stöger die Wohnung mit einem Teil ihrer Möbel aus der alten Wohnung. "Das Apartment sei zwar nicht groß, aber ausreichend für eine 100-Jährige", sagt sie bescheiden.

Versorgt und betreut

Warum sie in das "Altersheim" übersiedelt ist, hat einen praktischen Grund, erklärt Lilli Stöger. Hier wird ihr die Wäsche gewaschen und gebügelt, die Wohnung sauber gehalten und sie muss nicht kochen. Das Frühstück wird ihr auf das Zimmer serviert, das Mittagessen nimmt sie, in Gesellschaft anderer Heim-Bewohner, im Speisesaal ein. Das Abendessen lässt sie meistens ausfallen. Was die Körperhygiene betrifft nimmt sie keine Hilfe in Anspruch. Nur die Haare lässt sie sich von einer Friseurin waschen.

Interessen und körperliche Schwäche
Die Zeit verbringt Lilli Stöger vor allem mit Lesen. Früher hat sie russische Literatur bevorzugt. Wegen ihrer schlechten Augen studiert sie heute lediglich die Tageszeitung. Um besser zu hören, steckt sie kleine Hörgeräte in ihre Ohren. Wenn es das Wetter zulässt, spaziert sie rund um das Senioren-Wohnhaus. Dabei stützt sie sich auf eine Gehhilfe auf Rädern, einen so genannten Rollator. Die Beine seien eben altersschwach. Sonst sei sie gesund, erklärt die 100-Jährige.

Freude am Leben
Auch wenn das Leben für Lilli Stöger schon sehr lange dauert und sie nicht mehr alles selbständig erledigen kann, sei sie gerne auf der Welt. Sie freut sich auf die sonntäglichen Besuche ihres Sohnes und beobachtet mit Hingabe die Krähen, die vor dem Fenster ihrer Wohnung auf den Bäumen sitzen. Das mache sie glücklich, sagt sie, was offenbar ein Schlüssel dafür ist, so alt zu werden.

Die Schlüssel für ein langes Leben
In einer Studie des Zentrums für Alternsforschung in Heidelberg, haben die meisten Hochbetagten angegeben, zufrieden und glücklich zu sein, sogar jene, die krank sind und Schmerzen haben. Am Institut für demografische Forschung in Rostock hat man außerdem entdeckt, dass sich der Alterungsprozess ab dem 85. Lebensjahr verlangsamt. Wie alt ein Mensch werden kann, liegt außerdem an den Genen und entscheidet die Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft, sagen Demographen vom Max-Planck-Institut in Rostock.

Inseln der 100-Jährigen
Wie das Beispiel der japanischen Insel-Gruppe "Okinawa" zeigt, hat auch die Lebensweise Einfluss auf die Lebenserwartung. Dort leben rund 600 Menschen, die 100 und älter sind. Das ist fast die Hälfte der Bevölkerung auf den Inseln und weltweit einzigartig. Ihr Geheimnis ist in einer US-japanischen Studie 25 Jahre lang untersucht worden. Demnach lachen die Menschen auf Okinawa überdurchschnittlich oft, schlafen viel, essen wenig, und wenn, dann Fisch, Meeresalgen, Reis, Obst und Gemüse.

Hör-Tipps
Ganz Ich, Donnerstag, 6. Dezember 2007, 14:05 Uhr

Moment, Donnerstag, 6. Dezember 2007, 17:09 Uhr

Buch-Tipps
"The Okinawa Program: How the World's Longest-Lived People Achieve Everlasting Health - And How You Can Too", The Ok Verlag: Three Rivers Press (CA)

Li Zhi-Chang, "Mit dem Herzen lächeln. 100 Wege, um 100 Jahre alt zu werden", Heyne

David Simon, "Zehn Entscheidungen für ein besseres Leben. Wie Sie glücklich hundert Jahre alt werden", Allegria Verlag