Haydns einsamer letzter Weg

Begräbnis

Haydn hat testamentarisch ein Begräbnis erster Klasse für sich veranlasst, doch die Umstände des Krieges machten ein armseliges daraus. Wenige hatten den Mut, dem Leichenzug zu folgen, und so war er ziemlich einsam auf seinem letzten Weg.

Haydn örtlich - Teil 55

Wie den ersten amtlichen Vermerk über Haydns Eintritt in die Welt, so finden wir auch jenen über seinen - wie man es damals nannte - Hintritt ebenfalls und den Usancen der Zeit gemäß in einem kirchlichen Matrikenbuch verzeichnet.

Es ist jenes der Kirche zum Hl. Aegydius in der Wiener Vorstadt Gumpenorf, zu deren Seelsorgegebiet auch das Grätzl rund um die Kleine Steingasse mit Haydns letztem Wohnsitz gehört. Als Todesursache führt das amtliche Kirchenbuch, vielleicht nicht gerade detailreich in den medizinischen Gründen, aber die letzte und wirkliche Ursache wohl ganz richtig benennend an: Entkräftung.

Eine wachsende Gemeinde

Die Aegydiuskirche, in welche Haydns Leichnam am 1. Juni 1809 zur Einsegnung gebracht wird, steht auf altem geweihtem Boden. Seit 1244 ist hier ein Gotteshaus mit ebenjenem Patrozinium nachweisbar. Seit den 1760er-Jarhen wird an ihm herumgebaut, weil die Gemeinde, wie die meisten Pfarren in der sich ausdehnenden Stadt, zunehmend im Wachsen begriffen ist.

Altes verschwindet mehr und mehr und ab 1807 kann man von einem völligen Neubau sprechen. Trotzdem gilt die Kirche immer noch als Provisorium und kann erst am 1. Mai 1820 - also 11 Jahre nach Haydns Tod und Einsegnung - vom zuständigen Wiener Erzbischof geweiht werden.

Ein passender Patron

Wieder ist es einer der 14 Nothelfer, in dessen Kirche ein wesentlicher Abschnitt in Haydns Leben geistlich betreut und amtlich vermerkt wird. Nach dem heiligen Fürsprecher für eine gute Weinlese und Patron der Haustiere Veit in Rohrau ist es nun der Hl. Aegydius. In der Biographie dieses Mannes, der im 7. Jahrhundert gelebt hat, spielt eine Hirschkuh, die den einsam im Wald lebenden Einsiedler nährt und ein Pfeil, mit dem der Westgotenkönig Wamba ihn verwundet, eine wichtige Rolle, sodass ihm auf Darstellungen zur deutlichen Erkennbarkeit als Attribute ein Pfeil und eine Hirschkuh beigegeben sind.

Jagdbares Tier und ein Jagdgeschoß ließen den Hl. Aegydius auch zu einem Patron der Jäger werden. Haydn, der passionierte Weidmann, mag sich in der Obhut gerade dieses Nothelfers schon gut aufgehoben fühlen. Zudem ist Aegydius ein Helfer in geistiger Not und Verlassenheit und Beistand für eine gute und reumütige Beichte. Die geistige Not hat Haydn, der zunehmend schwächer Werdende, in seinen letzten Jahren intensivst erfahren.

Der Krieg überschattet Haydns Tod

In der Stunde seines Todes, während des weihevollen Aktes der Einsegnung und während des Trauerzuges zum Friedhof ist Krieg in Österreich. Der noch immer siegreiche Napoleon, dessen Siege auch Haydn bis in dessen letzten Tage zu einem fast verzweifelten, dreimal täglich wiederholten Intonieren seiner eigenen Hymne, dem "Gott erhalte", veranlassen, lässt französische Soldaten vor Haydns Leiche als Ehrenwache aufziehen. Das veranlasst wiederum viele Österreicher, sich sicherheitshalber vom Kondukt fernzuhalten.

Haydn hat zwar testamentarisch ein Begräbnis erster Klasse für sich veranlasst, aber alles vollzieht sich der Umstände halber doch in einer gewissen Armseligkeit. So sehr die Menschen bereit gewesen sind, dem Meister in seinen oft so hochkomplizierten wie schlichten Gedankengängen zu folgen, so sehr vermeiden sie es jetzt, angesichts feindlicher Waffen, den Verehrten auf seinem letzten Weg zu begleiten.

Der esterházy'sche Beamte Joseph Carl Rosenbaum ist trotzdem wieder einmal - wie schon so oft, wenn Haydn große Auftritte hat - dabei und notiert: "Nicht einer der Kapellmeister Wiens folgte der Leiche." Im Gegensatz zu Mozart, dessen letzten Gang Angehörige und Freunde, wie es ihnen erlaubt war, bis an die Stadtmauer begleiteten, ist Haydn auf diesem Weg recht allein, umgeben nicht einmal von einer Handvoll aller Getreuester.

Das Requiem für Haydn

Erst am 15. Juni gibt es eine annähernd würdige Feier: Im Auftrag der französischen Besatzer bemüht sich die "Wiener Tonkünstlersozietät" um einen Trauergottesdienst in der ehrwürdigen Schottenkirche und ehrt ihr ehemaliges Mitglied Joseph Haydn zumindest musikalisch aufs Würdigste durch eine Aufführung des "Requiems" seines Freundes Wolfgang Amadeus Mozart.

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Hör-Tipp
Haydn örtlich, jeden Montag, Mittwoch und Freitag bis einschließlich 22. Mai 2009, jeweils 15:06 Uhr

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Links
austria.info - Joseph Haydn
Haydn 2009

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