Sozial Absicherung für Arme

Mikroversicherungen

80 Prozent der arbeitenden Menschen in den Entwicklungsländern sind in der informellen Wirtschaft tätig. Diese Menschen haben keine Anstellung und somit keine soziale Absicherung. Mikroversicherungen könnten das Leben dieser Menschen verbessern.

Die große Mehrheit der arbeitenden Menschen in den Ländern des Südens ist in der informellen Wirtschaft tätig, in Indien sind es 93 Prozent. Diese Menschen haben keine Anstellung und somit keine soziale Absicherung. Die meisten verdienen so wenig, dass sie nie genügend Ersparnisse aufbringen können, um eine Krise zu überstehen. Denn eine Krankheit oder ein Unfall bedeuten Einkommensverlust und hohe Arztrechnungen.

In Indien rutschen jährlich 35 Millionen Menschen infolge eines einzigen Unfalls oder Krankheitsfalls unter die Armutsgrenze. Mikroversicherungen bieten hier eine neue Hoffnung.

Transparenz und Klarheit

Noch befindet sich der Sektor in einem frühen Stadium der Entwicklung, weltweit werden derzeit viele unterschiedliche Modelle getestet. Feststeht aber: Mikroversicherungen müssen so transparent und klar und so nahe am Menschen sein wie nur möglich.

Staatliche Programme zugunsten der Armen haben gerade deswegen einen beschränkten Erfolg, weil die Armen davon gar nichts wissen oder die Programme an den Bedürfnissen der Armen vorbeigehen.

Wie soll eine Versicherung für arme Menschen aussehen?

Die Microinsurance Academy in Neu Delhi hat dies in ihren Studien belegt. Beispielsweise werden Armen Versicherungen angeboten, die Krankenhausaufenthalte und die Kosten von operativen Eingriffen abdecken. Spitalsaufenthalte machen aber nur 15 Prozent der Kosten der Leute aus. 30 Prozent der Kosten fallen durch Arztbesuch und Medikamentenbedarf an.

Im ländlichen Bereich werden weitere 30 Prozent der Kosten durch den Transport zum Arzt oder Spital verursacht. Manche Leute müssen ja zuerst kilometerweit mit einem Lastkarren bis zur nächsten Hauptstraße fahren, von wo sie dann einen Bus und vielleicht noch einen Zug nehmen, um ins nächste Spital zu gelangen.

"Diese Lebensumstände gilt es also bedenken, wenn man ein Versicherungspaket für arme Menschen schnürt. Man muss sich an deren Grundbedürfnissen orientieren", sagt Shri Dharmendra Kumar, leitendes Mitglied der Microinsurance Academy.

Idealform: ein genossenschaftliches Modell

Am besten ist es, wenn die Menschen selbst ihre Versicherungspakete erarbeiten, und zwar nicht individuell, sondern im Rahmen einer Gruppe. Dass einzelne arme Personen oder Familien eine Direktversicherung mit einem Unternehmen abschließen, ist nicht machbar. Der administrative Aufwand und die Transaktionskosten wären viel zu hoch, die Überprüfung von Versicherungsansprüchen viel zu aufwendig, insbesondere, wenn Menschen in entlegenen Dörfern leben.

Die Microinsurance Academy befürwortet ein genossenschaftliches Modell, das mit Trainingsprogrammen und zusätzlichen Leistungen wie eigenen Apotheken, Hotlines und dergleichen mehr gekoppelt ist.

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Hör-Tipp
Dimensionen, Dienstag, 25. November 2008, 19:05 Uhr

Links
Micro Insurance Academy
SEWA - Self Employed Women's Association