Blickwinkel aus der Zuschauer-Perspektive

Julia Drack, Schnitt

Mit sechs entdeckte sie den Film: Julia Drack, Jahrgang 1978, die an der Filmakademie Wien Schnitt studiert. Marie Kreutzers Kurzspielfilm "Ingrid", den Drack geschnitten hat, ist nun am 18. und 20. März 2010 bei der Diagonale in Graz zu sehen.

Mit sechs entdeckte sie den Film: Julia Drack, Jahrgang 1978, die an der Filmakademie Wien Schnitt studiert. Marie Kreutzers Kurzspielfilm "Ingrid", den Drack geschnitten hat, ist nun am 18. und 20. März 2010 bei der Diagonale in Graz zu sehen.

"Ich war nicht die Jugendliche, die schon früh mit der Super8-Kamera Filme gemacht hat wie viele meiner Kolleginnen und Kollegen. Aber die Faszination von Film und Kino habe ich sehr früh erlebt. Und ich kann mich noch genau an meinen ersten Kinobesuch erinnern. Da stand eine lange Schlange vor dem Kino für Disneys 'Dschungelbuch' - und es hieß, die Vorstellung ist ausverkauft. Aber zum Glück kannten die Freunde meiner Eltern, die mich mitgenommen hatten, den Kinobetreiber. Und der stellte uns dann Klappstühle in den Saal .Das war mein erstes Kinoerlebnis - und es war besser als jeder Rummelplatz.

Später habe ich dann versucht, meine Begierde Filme zu sehen, mit Fernsehen zu stillen. Allerdings waren meine Eltern in dieser Hinsicht sehr streng. Darum hörte ich in dieser Zeit sehr viele Hörspiele, habe mir dazu die Bilder vorgestellt und die Geschichten weiter gesponnen. Das ist meine Vorgeschichte", erzählt Julia Drack, gebürtige Oberösterreich aus Scharnstein, Jahrgang 1978.

Seit 2001 studiert sie an der Wiener Filmakademie Schnitt und hat im Rahmen ihrer Ausbildung auch die "Konrad Wolf"-Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam-Babelsberg bei Berlin besucht. Abschließen wird sie voraussichtlich bis Sommer 2010.

Nach der Matura an einer Höheren Bundeslehranstalt für wirtschaftliche Berufe begann sie 1999 zunächst mit den Studien der Publizistik und Kommunikationswissenschaften, Theater-, Film- und Medienwissenschaften, Kunstgeschichte, Anglistik und Amerikanistik an der Universität Wien.

Durch Zufall entdeckte sie dann, dass man Film auch studieren kann: "Und ab diesem Zeitpunkt wusste ich: ich muss dorthin, es gibt nichts anderes für mich. Nun war es damals aber zeitlich schon sehr knapp zur Prüfung, die sehr ausführlich ist. So habe ich in der Zwischenzeit auf der Uni Wien inskribiert, dort alle filmspezifischen Vorlesungen besucht und mich so auf die Aufnahmeprüfung vorbereitet", erklärt Drack.

In der Position des Zuschauers

"Beim Film finde ich am Faszinierendsten, wie mit der Emotion umgegangen wird. Denn für mich ist der Film neben Musik jenes Medium, wo die Emotion am Stärksten wirkt. Und das kann bis zur körperlichen Fühlbarkeit gehen. Eine große Herausforderung ist, dass man Grenzen austestet. Das heißt: so wenig wie möglich und soviel wie nötig zu erzählen. Es gibt auch einen großen Unterschied zwischen Kino- und TV-Dramaturgie.

Als Cutter ist es eine besondere Herausforderung, dass man im Schneideraum die Position des Zuschauers einnimmt. Und man ist ja der erste Zuschauer, der den Film sieht. Es ist sehr schwer die nötige Distanz zu halten, wenn man zum Beispiel Monate lang an einer Dokumentation arbeitet und das Material bereits auswendig kennt. Aber man muss man sich immer wieder distanzieren und die Arbeit neu bewerten können", erläutert Drack.

Interesse an Dok- und Spielfilm

"Zum Glück müssen wir an der Filmakademie ja beides machen. Ich hätte mich früher sonst wahrscheinlich für den Spielfilm entschieden. Aber heute weiß ich, dass mich beides interessiert - und ich in unbedingt in beiden Genres abwechselnd tätig sein möchte", so Drack.

Kurzspielfilm "Ingrid" bei "Diagonale 2010"

Davor hat Drack zuletzt Marie Kreutzers Kurzfilm "Ingrid", der die Adaption einer Szene aus Godards "À bout de Souffle" ist, geschnitten. Der Kurzfilm wurde im Rahmen der diesjährigen "Diagonale" am 18. und 20. März 2010 gezeigt.

"Es war eine sehr spannende Arbeit, weil ich mich neu und diesmal auch praktisch mit der Nouvelle Vague auseinandergesetzt habe. Es war eine hervorragende Zusammenarbeit und wir konnten sehr viel ausprobieren."

Dok-Film" für BR
Weiters war Drack für den Schnitt des Dok-Films "Ein Sommer voller Türen" von Stefan Ludwig, der sich zurzeit in der Fertigstellungsphase befindet, verantwortlich. Die Doku soll 2010 ausgestrahlt werden.

In dieser Dokumentation geht es um junge Menschen, die für eine Hilfsorganisation Mitglieder werben. Sie zeigt sowohl die Seiten des Scheiterns wie des "Siegens" eines nicht immer so rosig verlaufenden Ferialjobs.

Dreharbeiten zu Diplom-Film im April 2010

Mitte April 2010 beginnen die Dreharbeiten zu Julia Dracks erstem Langspielfilm "Stillleben" (Arbeitstitel) in der Regie von Sebastian Meise, der zugleich ihr Diplomfilm sein wird.

Dunant-Doku im August 2009 im ORF

Ihre jüngste Arbeit, die Dokumentation "Zeichen der Menschlichkeit - Henry Dunant und seine Erben", wird am Mittwoch, 5. August 2009, im Rahmen der ORF-Reihe "Menschen & Mächte spezial" in ORF 2 um 23:00 Uhr ausgestrahlt.

Regie führte bei diesem Dok-Film, der sich mit Henry Dunant, dem Gründer des "Internationalen Roten Kreuzes" auseinandersetzt, Josef Pallwein-Prettner.

Assistenz bei Hanekes "Weißem Band"
Seit 2007 ist Julia Drack nun als Schnittassistentin und selbstständige Cutterin tätig - und wirkte seither bei mehreren Erfolgsproduktionen mit:

"Zuletzt war ich bei Michael Hanekes 'Das weiße Band' tätig, der nun bei den Filmfestspielen von Cannes die Goldene Palme gewonnen hat.

Davor habe ich unter anderem bei 'März' von Händl Klaus, der mehrere internationale Preise erhalten hat, sowie bei Kurt Ockermüllers 'Echte Wiener', der Sackbauer-Saga, der ebenfalls ein Erfolg war, Schnitt-Assistenz gemacht.

Das waren ganz tolle Erfahrungen, weil ich dabei in vier verschiedenen Produktionsfirmen gearbeitet und dadurch auch Leute aus der Branche kennen gelernt habe", berichtet Drack begeistert.

Erste Dokumentation "Artikel 29"

Seit Beginn ihres Studiums konnte Julia Drack bereits zahlreiche Erfahrungen sammeln. Zu einer ihrer wichtigsten Arbeiten zählt die Kurz-Doku "Artikel 29" des Schweizer Regisseurs Stefan Brunner, die hauptsächlich auf Interviews basiert:

"Da gab es für mich ein Schlüsselerlebnis, wo mir klar wurde, wie enorm wichtig es ist, dass sich Cutter und Regisseur austauschen, dass man die Probleme gemeinsam löst. Es war ein tolles Erlebnis mit Regisseur Stefan Brunner zu arbeiten. Ich habe noch drei weitere Projekte mit ihm gemacht und hoffe, dass noch weitere kommen werden", so .

In dieser Dokumentation geht es um den Artikel 29 der Berner Polizei, wonach Menschen, die nicht ins Stadtbild passten, aus der City entfernt und in einen Außenbezirk verwiesen wurden.

"Mit Blick auf Wien" für EM 2008

Eine der letzten Arbeiten Dracks war der Kurz-Spielfilm "Mit Blick auf Wien" von Johanna Moder, der für die Kurzfilmrolle zur EM 2008 entstand. Er handelt von einer jungen Österreicherin, die eine teure Wohnung in Wien besichtigt, die sie mieten will. Alles läuft gut, bis der Freund der jungen Frau, der Ausländer ist, dazu kommt.

"Es ist ein sehr dialoglastiger Film. Hier gab es die Herausforderung, die Schauspieler zu bewerten und zu erreichen, dass die emotionalen Höhen immer wieder ansteigen und abschwellen. Sehr speziell an diesem Film ist auch, dass er sehr schnell geschnitten ist. Diese Arbeit hat mir sehr viel Spaß gemacht."

Mehr zu Johanna Moder in Ö1 Talentebörse

Projekte auswählen können

Zuletzt machte die junge Cutterin Schnitt-Assistenz bei einem Dok-Film von Michael Glawogger.

Wie lautet ihr größter beruflicher Zukunftswunsch? "Ich wünsche mir, dass ich meine Projekte nach meinem Interesse auswählen - und dennoch davon leben kann", so Julia Drack.

Service

Mehr zu Projekten als Cutterin, Schnitt-Assistenzen und Preisen von Julia Drack in oe1.ORF.at

Kontakt
Julia Drack

Links
Wiener Filmakademie
Diagonale 08 - Krankheit der Jugend
Diagonale 2010 - Filme & Regie: "Ingrid"
Vienna Independent Shorts - Julia Drack
Wikipedia - Krankheit der Jugend
Early Melons - 2. International Student Film Festival
Schnitt – Filmfestival Wien 2009
BR-online
Echte Wiener
Eleven Minutes
Karriereleiter
Rooftop Filmfestival New York
The Tel Aviv 12th International Student Film Festival
tv.ORF.at
14. Internationales Filmfestival der Filmakademie Wien