"Avanti Dilettanti"

Benetton gegen die Mapuche-Indianer

Die Firma Benetton ist der größte Landeigner in Argentinien. Nun macht eine Mapuche-Familie in Patagonien dem italienischen Textilkonzern zu schaffen. Sie behauptet, Benetton habe das Land unrechtmäßig besetzt. De facto sind die Besitzverhältnisse unklar.

Der größte Grundbesitzer Argentiniens heißt heute Benetton. Der italienische Textilkonzern nennt in Patagonien eine Million Hektar sein Eigen, eine Fläche, die viermal so groß wie Luxemburg ist. Billig hat er sich in den 1990er Jahren im Südzipfel des Kontinents eingekauft, ein wahres Schnäppchen. Doch seine Millionen-Investitionen stoßen nicht auf Gegenliebe.

Am Eingang seiner Estancia weht die Fahne der Mapuche-Indianer. Dort lebt seit Februar 2007, in einer provisorischen Holzhütte, das Ehepaar Nahuelquir, Rosa und ihr Mann Atilio. Illegale Besetzer, schimpft die italienische Firma und ist vor Gericht gezogen. "Wir haben unser Land zurückgeholt", kontert Atilio, "rechtmäßig".

Ureinwohner vertrieben

Über das, was Recht und was Unrecht ist, gehen die Meinungen auseinander. Die Indianer und ihre Unterstützer pochen darauf, dass sie von diesem Grund und Boden unrechtmäßig vertrieben worden sind und dass deshalb alle späteren Verkäufe illegal sind. Benetton legt Besitztitel vor und bemüht die Gerichte. Doch er hat dabei übersehen, dass sich die politische Situation in Südamerika geändert hat. Auch in Argentinien schützt eine neue Verfassung Ländereien, auf die Ureinwohner Ansprüche erheben.

Begonnen hatte der Kampf der Nahuelquirs im Jahr 2002, als sie sich das erste Mal, samt Hühnern und Schafen, auf Benettons Estancia niedergelassen hatten. Benetton zeigte sie wegen "illegaler Aneignung" an, und damals gaben ihm die Richter Recht. Die Polizei räumte das Gelände gewaltsam.

Friedenspfeife in Rom

In Argentinien leben die Indianer, verarmt, weit weg von der Hauptstadt Buenos Aires, in Landesteilen, für die das Agro-Business noch keine Verwendung gefunden hat, im subtropischen Norden und im wüstenähnlichen, kalten Patagonien. Doch seitdem Benetton dort Wolle für seine italienischen Fabriken produziert, wurde das Kriegsbeil ausgegraben, und vor allem in Italien sorgte der Widerstand einer einzigen Familie für erhebliche Proteste.

Benetton, in der Öffentlichkeit stets mit der Fahne der politischen Korrektheit winkend, fühlte sich belästigt. Er lud die Nahuelquirs nach Rom ein, um die Friedenspfeife zu rauchen, so wie vor 500 Jahren, als die Weißen den "Wilden" Glasperlen und Feuerwasser reichten. Dieses Vorgehen funktioniert schon seit geraumer Zeit nicht mehr, was seine lokalen Manager dem italienischen Unternehmer eigentlich hätten verraten können. Und so wirkte Luciano Benettons Friedensangebot, den Nahuelquirs ein paar karge Hektar zu schenken, wie aus dem Hause "Avanti Dilettanti". "Wir sind vor ihm nicht auf die Knie gefallen und haben "bitte' gesagt", so Atilio, "aber er hat uns nicht mit Respekt behandelt." Er lehnte das angebotene Land ab.

Nur wer besitzt, kann verschenken

Die Mapuche-Indianer werden von einer Gruppe junger Anwälte beraten. "Wer eine Spende akzeptiert, erkennt die Besitzverhältnisse an", erklärt Edgardo Manosalva. "Nur der legitime Besitzer hat das Recht etwas zu verschenken. Und Benetton ist nicht der rechtmäßige Besitzer".

Den Anwälten geht es nicht nur um die Feststellung, ob Benetton 1991 seinen Grundbesitz rechtmäßig erworben hat. Sie wollen auch die grundsätzliche Frage klären lassen, ob Privateigentum an Land zulässig sei. Die Ureinwohner kannten zwar den privaten Besitz von Gegenständen des persönlichen Gebrauchs, aber Grund und Boden gehörte allen.

Clash der Rechtssysteme?

Argentinien lebt heute vom Agrobusiness. Die Feuchte Pampa ist im Besitz von Hedgefonds und Pensionskassen, die für den Weltmarkt Soja und Rindfleisch produzieren, der Export spielt Milliarden ein. Und die Indianer haben nicht einmal innerhalb der Linken eine Lobby. Trotzdem habe man Fortschritte erzielt, seitdem die Verfassung des Jahres 1994 ausdrücklich die ethnischen und kulturellen Rechte der Ureinwohner anerkennt, sagt Rechtsanwalt Manosalva.

Und die Konvention 169 der Internationalen Arbeits-Organisation (ILO), die sich auf die indigenen Völker bezieht, wurde im Jahr 2000 vom argentinischen Parlament ratifiziert. Sie stellt die Rechte der Ureinwohner über das Bürgerliche Gesetzbuch und damit über das im Bürgerlichen Zivilrecht enthaltene Recht auf Privateigentum.

Hör-Tipp
Journal Panorama, Donnerstag 7. Mai 2009, 18:25 Uhr

Links
Benetton
International Labour Organization - Indigenous and Tribal Peoples Convention
Oneworld.at - Trügerische "United Colors of Benetton
Santa Rosa Recuperada
Lateinamerika Nachrichten Online - United Colors in Patagonien