Internationaler Frauentag

Heute ist doch... Da war doch was...

Genau, da war was. Und es geht um mehr als nur die ewig geforderten Anliegen: also gleichen Lohn für gleiche Arbeit, Halbe-Halbe im Haushalt oder einen fairen Anteil von Frauen in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft.

Diese Anliegen sind sozusagen die prominenten Forderungsflaggschiffe. Es geht an diesem 8. März aber auch um das Bewusstmachen von Gegebenheiten. Tatsachen, die uns ständig vor Augen führen, dass unsere Gesellschaftsstrukturen nach wie vor so was von verkrustet sind.

Dass Mann und Frau bei der Eheschließung noch immer keinen gemeinsamen Doppelnamen führen dürfen. Dass man/frau sich entscheiden muss, welcher der beiden Familiennamen der gemeinsame wird, und dass nur eine/r der beiden einen Doppelnamen führen darf. Warum geht das eigentlich nicht? Sogar bei den konservativen Spaniern ist das Tradition. Oder dass bei keiner Angabe über einen gemeinsamen Familiennamen ein Kind automatisch den Nachnamen des Vaters erhält. Warum?

Es geht darum, dass Frauen die unbezahlbaren und unbezahlten Gratisfestplatten für ihre Männer sind. Erstere auf Handyknopfdruck wissen, ob noch Milch oder Salat fürs Wochenende gebraucht wird, während sich Letztere ihren wichtigen, bezahlten, netzwerkenden Tätigkeiten und Denkarbeiten widmen können. Warum? Offensichtlich sind die logistischen Leistungen durchs tägliche Trainieren inzwischen genetisch verankert. Praktisch und Gratulation an die Männer. Versuche, die seit Generationen frauenübervorteilende Rollenaufteilung zu verändern, führen stracks in zermürbende Grundsatzdiskussionen, die dermaßen mühsam sind, dass Frauen lieber tun statt debattieren.

Worum es noch geht? Um das Anerkennen gesellschaftspolitischer Realitäten und familienpolitischer Wünsche. Dass es Frauen gibt, die schlicht und einfach gerne drei Jahre zu Hause bleiben. Dass es nicht wenige gibt, die so fade, unterbezahlte, schlechte Jobs haben, dass sie es drauf anlegen, dem Arbeitsprozess möglichst lange fernzubleiben. Wer will denn arbeiten? Die, die das Geld motiviert oder die, die sich entfalten oder Karriere machen können. Solche, die ein Umfeld haben, das Arbeiten zu mehr als bloßem Broterwerb macht.

Es gibt kaum Großfamilien mehr und viele wünschen die auch nicht zurück. Was es nicht gibt, sind gute Alternativen. Händeringend, und bei dem Thema kenne ich mich aus. Es gibt zu wenige, dafür schlecht entlohnte Tagesmütter. Es gibt wenig gute, engagierte Tagesmütter, die werden wie Konzertkarten am Schwarzmarkt unter der Hand weiter empfohlen.

Es gibt zu große Kleinkindgruppen in Krippen (15 Kinder auf zwei Erwachsene), es gibt im Alltag von Krippen und Kindergärten Ausnahmeregelungen, die inzwischen zur Normalität geworden sind. De facto also überforderte, unterbezahlte Pädagog/innen, die dem täglichen Druck nicht gewachsen sein können. Dazu haben sich Arbeitsbedingungen durch veränderte Familienstrukturen und Arbeitssituationen der Eltern in den letzten Jahrzehnten geändert. Nicht zum Einfacheren.

Was fehlt, beschreibt die Autorin des grandiosen Romans "Bitterfotze", Maria Sveland, pointiert. Männer, die sich zuständig für eine faire Aufteilung fühlen, ein Staat, der gute Rahmenbedingungen schafft für Frauen wie Familien - und nicht zuletzt Frauen, die sich gegenseitig unterstützen. Die nicht bitterfotzig werden im geschlechterundemokratischen Alltag.

"Ich bin bitter, dass ich bitter bin. Ich will nicht bitter sein."

PS: Saß grade in der U-Bahn neben einem jungen Mann, der mit einer Selbstverständlichkeit so breitbeinig da saß, dass er eineinhalb Plätze belegte. Ich habe mich neben ihn gesetzt, genauso breitbeinig. Fiel ihm gar nicht auf, die Oberschenkelberührung...

PPS: Johanna Dohnal wird mir fehlen.

Service

Mehr zum internationalen Frauentag in ORF.at

Buch Maria Sveland, "Bitterfotze", Kiepenheuer & Witsch