Zeitzeugin, Aktivistin und Vorbild

In memoriam Ana Zablatnik

Im April 1942 begannen die Nazis, slowenische Familien aus Kärnten zu deportieren. Darüber berichtete die Zeitzeugin Ana Zablatnik. Am Wochenende ist die im Widerstand aktive Kärntner Slowenin im 87. Lebensjahr in ihrer Heimatgemeinde verstorben.

Ana Zablatnik im Gespräch mit Michael Kerbler

Ana Zablatnik ist eine der Frauen, der Österreich die Unabhängigkeit verdankt. Die Kärntner Slowenin aus Fellersdorf/Bilnjovs hat sich, damals 25-jährig, dem Widerstand angeschlossen, als das NS-Regime im April 1942 mit der so genannten "Aussiedlung" slowenisch sprechender Familien aus Kärnten begann.

Innerhalb von 48 Stunden wurden damals fast 1.100 Personen ohne Angabe von Gründen aus ihren Häusern und Wohnungen vertrieben und in Bussen in ein Lager nach Klagenfurt gebracht. Die Hälfte dieser Deportierten waren Kinder und Jugendliche.

Nach vielen Bitten und heftigen Interventionen wurden vor allem Frauen und Kinder sowie einige Männer freigelassen. Allerdings: 917 Personen wurden in Lager der Volksdeutschen Mittelstelle in Deutschland deportiert. Jugendliche, Frauen und Männer, die arbeitsfähig waren, mussten Zwangsarbeit in Industriebetrieben, in der Landwirtschaft oder Haushalten leisten. Slowenisch zu sprechen war strengstens verboten.

Kampf gegen Unrecht

Die "Ausgesiedelten" wurden als "volks- und staatsfeindlich" erklärt. Damit war die Voraussetzung erfüllt, ihr Vermögen einzuziehen und ihre Höfe "deutschen Volksgenossen" übergeben zu können. Diese Vorgangsweise hatte zur Folge, dass sich nach dem April 1942 immer mehr Angehörige der slowenischen Volksgruppe dem organisierten Widerstand gegen das NS-Regime anschlossen. Ana Zablatnik war eine von jenen, die - aufgebracht vom Unrecht, das den Kärntner Slowenen durch die Nazis geschah - den Widerstand tatkräftig unterstützte.

Die Alliierten legten im Jahr 1943 in Moskau fest, dass Österreich aktiv zur Befreiung vom "Dritten Reich" beitragen müsse, um in den Grenzen von 1938 wiederhergestellt zu werden. "Den überwiegenden Teil des Kampfes gegen die Nazis leisteten die Kärntner Slowenen, wirklich bekannt ist das heute aber nicht mehr", sagt der Wiener Politologe Walter Manoschek.

Befreiung vom Faschismus

Während der Staatsvertragsverhandlungen verwies der damalige österreichische Außenminister Karl Gruber auf den Beitrag des slowenischen Widerstandes zur Befreiung Österreichs. Und auch in Kärnten ließ der Konsultative Landesausschuss am 13. Juni 1945 protokollieren: "Der Landtag bedankt sich für den heldenhaften Kampf der Kärntner Slowenen gegen den Faschismus."

Ana Zablatnik, die im Widerstand Aktive, war mehr als Zeitzeugin, sie war vielen Menschen in ihrer Volksgruppe Vorbild, weil sie - trotz der verweigerten Anerkennung des Widerstands - ihren Humor stets bewahrte und nie nachließ für die Rechte der Kärntner Slowenen einzutreten. Ana Zablatnik ist am vergangenen Wochenende verstorben und wurde heute in ihrer Heimatgemeinde beigesetzt.

Vor einem Jahr schilderte Ana Zablatnik in der Ö1 Sendereihe "Im Gespräch" Michael Kerbler die Ereignisse im April 1942, und sprach über die Rolle der slowenischen Frauen Kärntens damals und die verweigerte Anerkennung des Widerstands, zu hören im Audio.

Service

Buch, Florjan Lipus, "Botjans Flug", Wieser Verlag

Buch, Karel Prusnik-Gasper, "Gemsen auf der Lawine", Wieser Verlag

Buch, Bernd Liepold-Mosser, "Partizan", Drama, erschienen in der Reihe "Gehört Gelesen und Gesehen", Wieser Verlag

Buch, Martin Hitz und Karl Stuhlpfarrer, "Grenzfall Kärnten", Wieser Verlag

Buch, Peter Handke und Klaus Amann, "Wut und Geheimnis", Wieser Verlag

Buch, Helene Kuchar-Jelka, "Jelka. Aus dem Leben einer Kärntner Partisanin", Drava Verlag

Zeitzeugengeschichte - Ana Zablatnik
European Resistance Archive - Ana Zablatnik