Kostenexplosion und Terminprobleme

Streit um Hamburger Elbphilharmonie

Die neue Elbphilharmonie soll das neue Wahrzeichen von Hamburg werden. Die Kosten für das Prestigeprojekt sind jedoch explodiert und der Termin für die Fertigstellung der kühnen Glaskonstruktion rückt immer weiter in die Zukunft.

Kultur aktuell, 08.04.2010

Die zehn Meter hohe Elbphilharmonie in der Speicherstadt am Hafen wird das neue Wahrzeichen von Hamburg. Eine Frage ist allerdings wann, die andere zu welchem Preis.

Die Kosten für das Prestigeprojekt von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) sind regelrecht explodiert und der Termin für die Fertigstellung der kühnen Glaskonstruktion auf dem Kaispeicher rückt immer weiter in die Zukunft. Jetzt streiten Hamburger Senat und die Baufirma Hochtief vor Gericht.

Klage beim Amtsgericht

Seit gestern liegt die Klage beim Amtsgericht Hamburg. Die Stadt will endlich erreichen, dass die Baufirma eine vertraglich festgelegte Terminplanung vorlegt. Die gebe es seit Jänner, kontert ein Sprecher von Hochtief. Alles werde pünktlich fertig, nur nicht der Große Saal.

Ein Grund sind etwa falsche Statikberechnungen, ein anderer Änderungen bei den Entwürfen, zum Beispiel wenn es um die ausgefeilte Akustik geht, für die der renommierte Japaner Yasuhisa Toyota verpflichtet wurde.

Planungsänderungen

"Zum Beispiel kommt ein Einfluss aus der Akustik, der sich auf Gewicht von Kanälen oder Ausbauleistungen bezieht. Dann wird die Planung angefasst, nach der Planung kommt die Produktion, die sich dementsprechend verschiebt", so Thomas Möller von der Hochtief Niederlassung Hamburg. "Für die Verspätung ist der Punkt verantwortlich, dass die Planung weiterentwickelt worden ist, also insofern unser Kunde und der Generalplaner."

Der Generalplaner ist in diesem Fall das Basler Architektenbüro Herzog & de Meuron. Ihr Konzertsaal besteht aus fließenden Formen und einer Innenausstattung, bei der kaum ein Teil dem anderen gleicht. Forderungen werden laut, dass sich die Schweizer Stararchitekten an den Mehrkosten beteiligen sollen. Diese sind wahrlich gewaltig.

Gewaltige Mehrkosten

241 Millionen Euro Festpreis sollte die Elbphilharmonie kosten. Ein Drittel wollte die Stadt zahlen, der Rest sollte über Spenden beziehungsweise private Investoren finanziert werden. Drei Jahre nach der Grundsteinlegung summieren sich die Kosten für Hamburgs Haushalt auf mehr als 320 Millionen Euro. Mittlerweile disharmonieren Stadt und Baufirma in so gut wie jedem Punkt.

Und je höher die Elbphilharmonie in den Himmel ragt, desto teurer, so scheint's, wird sie auch. Dementsprechend die Reaktionen der Hanseaten. Das Bauvorhaben sei schlecht geplant gewesen und unterfinanziert, hört man auf Hamburgs Straßen: "Das ist der größte Blödsinn aller Zeiten. Das hat Hamburg sehr arm gemacht", so hört man.

Untersuchungsausschuss

Bevor der erste Ton im Konzertsaal erklingen kann, spielt die Musik in der Bürgschaft. Einstimmig war der Chor, als es vor fünf Jahren um den Baubeschluss ging, vielstimmig und dissonant ist er jetzt. Die SPD, damals wie heute in der Opposition, hat zusammen mit Linken und grüner Regierungsfraktion einen Untersuchungsausschuss in die Wege geleitet. Die CDU, die den finanziellen Forderungen der Baufirma bisher fast immer nachgegeben hat, kritisiert den Ausschuss und konzentriert sich sonst aufs Schweigen.

Ursprünglich sollte die Elbphilharmonie im Mai 2012 eröffnet werden. Unrealistisch nennt Generalintendant Christoph Lieben-Seutter den Termin: "Das große Eröffnungskonzert mit dem NDR Symphonieorchester wird nicht stattfinden. Es ist jetzt noch rechtzeitig, um solche Änderungen zu machen. Wir haben in den letzten Wochen die bittere Erkenntnis gewonnen, dass es Verzüge auf der Baustelle gibt - bisher in einem noch zu vertretenden Ausmaß - aber wir können nicht ewig warten.

Generalintendant aus Wien

Lieben-Seutter nennt das Umplanen mühselig und nimmt es nordisch kühl zur Kenntnis: "Neues Spiel, neues Glück."

Immerhin, so der Wiener und Ex-Generalsekretär am Konzerthaus an der Donau, kann sich ein Programm ergeben, das bei der geplanten Eröffnung in zwei Jahren in der aufwendigen Glaskonstruktion am Hamburger Hafen nicht möglich gewesen wäre.

Textfassung: Rainer Elstner

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