Mit Asfa-Wossen Asserates Antworten

101 Fragen zu Afrika

Ist afrikanische Kunst primitiv? Was ist Apartheid? Wie ist die Stellung der Frau in der Politik afrikanischer Staaten? Das sind drei von insgesamt 101 Fragen und Antworten zu Afrika, die Asfa-Wossen Asserate zusammengestellt hat.

"Weshalb sind wir alle Afrikaner?", lautet eine der ersten Fragen, die Autor Asfa-Wossen Asserate stellt.

Genetiker und Molekularbiologen in Berkeley sammelten und untersuchten die DNS von Menschen auf der ganzen Welt. Sie stellten fest, dass die Variabilität innerhalb Afrikas bei weitem am größten ist und kamen zu dem Schluss, dass die Vorfahren aller Menschen ursprünglich aus Afrika stammten.

Die Geschichte der Ausbreitung des Menschen wird heute von vielen Wisschenschaftszweigen bestätigt. Von Afrika aus verbreiteten sich die Menschen schließlich über die ganze Welt. Sie passten sich den unterschiedlichen klimatischen Bedingungen an und entwickelten ihre regionalen Eigenheiten.

Die größte Vielfalt

Afrika ist ein bunter, lebendiger Kontinent, lautet die einführende und zugleich zentrale Aussage des Buches. Kulturell gesehen, so heißt es weiter, gibt es in Afrika die größte Vielfalt an Menschen auf unserer Erde. Deshalb, so Prinz Asfa Wossen Asserate, sollten wir auch nicht von einem "schwarzen Kontinent" sprechen. Außerdem seien ja bei weitem nicht alle Bewohner Afrikas schwarz.

Insgesamt 16 Fragen umfasst das Kapitel Geschichte. Die Antworten darauf sind für Afrika-Auskenner zum Drüberlesen oder Sich-bestätigt-fühlen, für Afrika-Neulinge Basiswissen und Argumentationshilfe für den Stammtisch.

So sagt Autor Asserate deutlich, dass mit "Herz der Finsternis" und mit im gleichnamigen Roman von Joseph Conrad verwendeten dunklen Begriffen wie Wildnis, Schatten und Nebel nicht der Kongo und seine Bewohner gemeint sind, sondern die zerstörerische und alles beherrschende belgische Kolonialmacht.

Komplexe Zusammenhänge gut erklärt

Oft beantwortet der Äthiopier Asserate eine Frage schon in der Art und Weise, wie er sie stellt: "Wie war Kaiser Haile Selassie mit der Königin von Saba verwandt?" Oder "Weshalb saß Nelson Mandela 27 Jahre im Gefängnis?" Oder "War Kofi Annan ein guter Generalsekretär der Vereinten Nationen?" Ja, lautet übrigens hierauf die Antwort. Der Ghanaer Anan erscheint im Lichte der Historie, so Asserate, als würdiger Generalsekretär.

Die Fragen im Kapitel Persönlichkeiten sind naturgemäß leichter zu beantworten als kulturelle, religiöse und politische. Dennoch gelingt es dem Autor, auch komplexe Sachverhalte in wenigen Zeilen anschaulich zu erklären. So lesen sich die zweieinhalb Seiten zu "Warum Afrika arm ist?" als eine verdichtete Analyse der Entwicklungshilfe-Pros und -Contras. Sie endet mit harscher und doch berechtigter Kritik an den Industrienationen. Das weitgehend strukturschwache Afrika, heißt es da, gerate unter den Druck der Globalisierung, ohne auf deren Herausforderungen adäquat reagieren oder auch die Chance seines Ressourcenreichtums nutzen zu können.

So werden zwar Produkte aus dem Primärsekor, vorrangig Bodenschätze, billig aus Afrika ausgeführt, doch die gewinnbringende Weiterverarbeitung findet andernorts statt, sodass die afrikanische Bevölkerung nicht an dem Wohlstand partizipieren kann, der aus den Rohstoffen in Drittländern geschaffen wird. Diese Fehlentwicklung wird vollends zur Perversion, wenn subventionierte Güter aus den Industriestaaten nach Afrika exportiert und dort zu Preisen angeboten werden, mit denen die örtlichen Produzenten nicht konkurrieren können. Auf diese Weise kann das Nord-Süd-Gefälle nicht gemildert werden.

Fundierte Einblicke

Angesichts der auch von Autor Asserate zu Beginn des Buches festgestellten kulturellen Heterogenität des Kontinents muten manche Fragen dann ein wenig seltsam an – homogenisieren sie die unterschiedlichen Gesellschaften letztendlich doch wieder. Ein gutes Beispiel dafür ist "Wie patriarchalisch ist die afrikanische Gesellschaft?" Oder auch "Wie viele Kinder hat die afrikanische Familie?"

Manche Fragen werden trotz geballter Information auch gar nicht beantwortet. Auf Seite 101 macht der für seine guten Manieren bekannte Prinz Asserate die Schwierigkeit, politisch korrekt über Afrika bzw. über die indigene Bevölkerung zu reden und zu schreiben, deutlich - wenn auch unbewusst. So lautet Frage 55 im Kapitel Gesellschaft: "Leben die Pygmäen im Einklang mit der Natur?" Antwort:

Bereits die Fragestellung ist heikel, denn ihr liegt die Vorstellung vom Naturvolk zugrunde, deren Gegenbild jenes des Kulturvolks ist.

10 Zeilen zuvor beantwortet er die Frage 54 "Leben die Buschmänner heute noch wie in der Steinzeit?" wie folgt:

Die Kultur der San, die sich schätzungsweise vor ca. 20.000 Jahren im südlichen Afrika ausbreitete, ist im Begriff auszusterben. Es gibt aber noch vereinzelt Gruppen, die jenes Leben führen, wie es ihre Vorfahren getan haben. Die Gruppen, die jenes Leben gewählt haben, leben in der Tat noch vielfach im Einklang mit der Natur!

Dennoch: Einfacher als mit Asfa Wossen Asserates Antworten auf 101 Fragen wird man fundierte Einblicke in Geschichte und Gegenwart von Afrika nicht serviert bekommen.

Service

Asfa-Wossen Asserate, "Afrika. Die 101 wichtigsten Fragen und Antworten", C.H. Beck Verlag

C. H. Beck - Afrika