"Chaos"-Gewinner SPÖ

Wiener Grüne vor Abgrund

Fünf Wochen vor der Gemeinderatswahl sind zwei Bezirksorganisationen im wichtigsten Wahlkreis zerstritten und gespalten. Am Mittwoch ist auch noch der langjährige Bundesrat Stefan Schennach zur SPÖ übergelaufen. Die Wiener Grünen haben als die mit Abstand stärkste Landesgruppe der Grünen bei dieser Wahl sehr viel zu verlieren, wie Wahl- und Meinungsforscher bestätigen. Gewinner dürfte die SPÖ sein.

Morgenjournal, 02.09.2010

"Chaotisch wie früher"

14,6 Prozent der Stimmen haben die Wiener Grünen bei der Gemeinderatswahl 2005 erzielen können, in Mandaten ist sich damit knapp vor der FPÖ sogar der dritte Platz ausgegangen. Ob dieses Ergebnis am 10. Oktober zu halten sein wird, ist für den Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer vom OGM-Institut fraglich - aus mehreren Gründen: Der Erfolgskurs der letzten Jahre scheint gebrochen zu sein, und in Wien kämen die internen Streitereien hinzu. "Die Grünen vermitteln wieder das etwas chaotische Bild der basisdemokratischen zerstrittenen Partei aus früheren Tagen."

SPÖ profitiert

Da sind die Parteispaltungen mit grünen Konkurrenzlisten in zwei der stärksten grünen Bezirke - Josefstadt und Mariahilf. Und dazu kommt jetzt der Wechsel des grünen Bundesrats Stefan Schennach zur SPÖ - was laut Bachmayer vor allem eine symbolische Bedeutung hat, sind SPÖ und Grüne in Wien doch in hohem Ausmaß quasi "kommunizierende Gefäße": In vielen Bezirken gebe es ein "Übergangsverhältnis" zwischen SPÖ und Grünen, aber auch zwischen ÖVP und Grünen. "Wenn die Grüne in Wien Stimmen verlieren, würde das wahrscheinlich in erster Linie der SPÖ nützen."

"Katastrophale Auflösungserscheinungen"

Der Wahlforscher Fritz Plasser sieht die Grünen in einer fast ausweglosen Situation, spricht von einem "katastrophalen Erscheinungsbild" und konstatiert "Auflösungserscheinungen bei den Wiener Grünen". Das alles könne diese entscheidende Wahl in einer grünen Bastion "mehr als gefährden". Es würde ihn nicht wundern, wenn potenzielle Grünwähler jetzt zurückhaltend wären.

Führung ohne Autorität

Plasser sieht bei den Wiener Grünen ein eklatantes Führungsproblem: Die Parteiführung habe nicht mehr jene parteiinterne Autorität, dass die Partei zumindest im Wahlkampf einen mehr oder weniger geschlossenen, optimistischen Eindruck macht. Und das sei ein Schaden, der fünf Wochen vor der Wahl praktisch nicht mehr zu reparieren sei, so der Wahlforscher Fritz Plasser.