FPÖ macht Werbung für Prostituierte

Wahlkampfkuriositäten in Wien und Steiermark

Wahlkämpfe treiben oft seltsame Blüten, derzeit in der Steiermark und in Wien: Da muss etwa wegen einer vermeintlichen Entführung die Polizei ausrücken oder der Spitzenkandidat der SPÖ wird auf den Plakaten der ÖVP beworben. Skurril ist auch die Wiener FPÖ: Sie setzt sich auf aktuellen Plakaten - vermutlich ohne es zu wissen - für Vertreterinnen des horizontalen Gewerbes ein.

Mittagsjournal, 10.09.2010

FPÖ will freie Frauen "schützen"

Die FPÖ will verschleierte Prostituierte schützen, die am Wiener Straßenstrich stehen - das könnte man zumindest meinen, wenn man ihre aktuellen Wahlplakate geschichtlich gesehen wörtlich nimmt "Wir schützen Freie Frauen" steht da nämlich in großen Lettern drauf und damit sind im alten Wien Frauen am untersten Rand der Gesellschaft bezeichnet worden, sagt Historikerin Brigitte Rath. "Es gab im Mittelalter unterschiedliche Formen der Prostitution. Einerseits in den sogenannten Frauenhäusern, die den heutigen Bordellen entsprechen würde. Die freien Frauen lebten außerhalb dieser Frauenhäuser und gingen auch der Prostitution nach. Sie waren rechtlich ungeschützt."

Freie Frauen trugen Schleier als Zeichen

Diese freien Frauen lebten zumeist in großer Armut am Rand von Wien, in ungeheizten Steinhäusern oder Holzhütten, sie galten als Gesindel in der Nähe von Kriminellen - und
sie waren gezwungen einen Schleier zu tragen, damit man sie eindeutig von ehrbaren Frauen unterscheiden konnte. Umso skurriler nimmt sich aus, dass die FPÖ mit ihrem "Freie Frauen"-Plakat ausgerechnet gegen Kopftuchzwang auftritt.

Freie Frauen waren oft Migrantinnen

Außerdem hatten viele der Freien Frauen im alten Wien das, was man heute Migrationshintergrund bezeichnet. Rath: "Sie waren sicher Zuwanderinnen. Sie kamen aus der näheren regionalen Umgebung oder aus den Nachbarländern." Mit freien Frauen von damals wäre heute am ehesten Prostituierte in billigen Etablissements oder am Straßenstrich vergleichbar, die etwa aus der Ukraine kommen, sagt die Historikerin. Dass sich die FPÖ gewollt für dieses Klientel stark macht, darf wohl bezweifelt werden.

FPÖ-Panne in Steiermark

Sicher nicht gewollt, war eine Wahlkampfpanne der Freiheitlichen in der Steiermark. Auf Plakaten ist FP-Spitzenkandidat Gerhard Kurzmann mit einer Kaffee-Tasse in der Hand abgebildet. Diese Tasse zierte ursprünglich das kleine blaue Logo der Firma Hornig. Unternehmer Johannes Hornig wollte allerdings nicht mit der Wahlwerbung in Zusammenhang gebracht werden, was er der FPÖ freundlich aber bestimmt über seine Anwälte ausrichten ließ. Jedes der Plakate musste einzeln mit einem kleinen weißen Flecken überklebt werden.

Wien: ÖVP macht Werbung für SPÖ

Werbung für etwas beziehungsweise jemanden, der gar nicht das eigentliche Werbeziel ist, gibt es in diesem Wahlkampf auch in Wien. Die ÖVP plakatiert großflächig nämlich den Spitzenkandidaten der SPÖ Michael Häupl kombiniert mit dem positiv besetzten Spruch "Frischer Wind für Wien". Werbewissenschafter Günter Schweiger von der Wirtschaftsuniversität Wien kann diese Werbelinie der Wiener ÖVP gar nicht nachvollziehen: "Ich weiß nicht, welcher Teufel die ÖVP geritten hat, dass sie diese Werbung macht, denn sie ist sehr erfolgreich. Insbesondere für den dort abgebildeten Spitzenkandidaten, der auf diesem ÖVP-Plakat wesentlich dynamischer und sympathischer wirkt, als auf den geschniegelten Plakaten der eigenen Partei."

ÖVP-Wahlkampfvideo vor Voves-Haus

Für Aufregung der anderen Art hat die ÖVP in der Steiermark gesorgt - dort hat die junge ÖVP nämlich ein Wahlkampfvideo drehen wollen und dafür vor dem Haus des SPÖ-Spitzenkandidaten Franz Voves unter anderem einen als Terroristen verkleideten Tänzer auftreten lassen, der so tat, als wolle er ins Haus kommen. Die Ehefrau von Voves fand das allerdings gar nicht komisch und verständigte die Polizei.

KPÖ verkleidet Karl Marx als Steirer

Mit Verkleidung versucht im Übrigen auch die KPÖ in der Steiermark zu punkten: Auf Dreieckständern ist Karl Marx abgebildet, diesmal haben ihm die Kommunisten allerdings einen Steirerhut aufgesetzt.

Grüne wollen Strache-Gasse umbenennen

Und in Wien soll im Eifer des Wahlgefechts gleich eine Gasse umbenannt werden: In Simmering, dem elften Wiener Gemeindebezirk gibt es - sehr zum Unmut der dortigen Grünen - nämlich eine Strache-Gasse. Die hat zwar nichts mit dem freiheitlichen Spitzenkandidaten zu tun, sondern ist nach dem Gastechniker Hugo Strache benannt. Damit eine Zuordnung zum FPÖ-Politiker künftig aber sicher ausgeschlossen werden kann, fordern die Bezirks-Grünen eine Umbenennung. Was sich als ungewollte Wahlhilfe für die Freiheitlichen herausstellen könnte, schließlich müssten die Bewohner der Strachegasse bei einer Umbenennung alle ihre Dokumente ändern lassen.