Auch österreichische Firmen betroffen

Boykottaufruf gegen Konzerne

In Ungarn macht jetzt eine Bürgerinitiative gegen jene 13 multinationalen Konzerne mobil, die sich bei der EU-Kommission in Brüssel über die im Oktober eingeführte ungarische Krisensteuer beschwert und Sanktionen gegen Ungarn verlangt hatten. Die Initiative ruft zum Boykott der Konzerne auf, darunter auch drei aus Österreich.

Mittagsjournal, 21.01.2011

Nationaler Schulterschluss

Betroffen sind die Supermarktkette Spar, der Energieriese OMV und die Baumarktgruppe Baumax. Die Bürgerinitiative ruft alle Ungarn auf, keine Produkte oder Dienstleistungen jener Konzerne zu kaufen, die sich bei der EU Kommission in Brüssel oder bei Medien gegen die ungarische Krisensteuer beschweren. Es wird also quasi ein nationaler Schulterschluss gegen "böse" ausländische Kapitalisten gefordert, die "im schönen Ungarn auf Kosten der schwer schuftenden Bevölkerung" ihre Profite machen.

Schaden für Landesimage

Und wenn sich diese Multis dann auch noch in Brüssel über Ungarn beklagen und sogar Sanktionen fordern, dann ist das für die 35 nationalkonservativen Proponenten der Bürgerinitiative besonders empörend, denn das schade dem Image des Landes, wie der Sprecher der Initiative Zoltán Országbiró meint: "Das wirft kein gutes Licht auf die Regierung und den Staat, wenn sich multinationale Konzerne in Brüssel beschweren."

Fragen an Orban

Der Boykottaufruf ist also eine Art Retourkutsche für die 13 Konzerne, die mit ihrer Beschwerde Premierminister Orban in Bedrängnis gebracht hätten, wie es heißt. Országbiró: "Die Beschwerde verursacht politische Debatten, wie etwa vorgestern, als Premierminister Orban in Straßburg viele Fragen beantworten musste. Diese politische Debatte hätte es in dieser Schärfe vermutlich nicht gegeben, wenn sich die Multis nicht über Ungarn beschwert hätten."

Jahrzehntelange Steuervergünstigung

Die 13 multinationalen Konzerne hatten sich in einem Brief an die EU-Kommission über die ungarische Krisensteuer beschwert, die so gestaffelt ist, dass vor allem umsatzstarke ausländische Konzerne überproportional zur Kasse gebeten werden. Während die kleineren, und daher umsatzschwächeren, ungarischen Firmen meist von Freigrenzen profitieren und nichts bis wenig bezahlen müssen. Daher fordern die Konzerne die EU auf, Maßnahmen gegen Ungarn zu ergreifen. Der Sprecher der Bürgerinitiative entgegnet: "Dieselben Multis haben sich ja auch nicht beschwert, als sie in Ungarn zwanzig Jahre lang Steuervergünstigungen hatten."

Steuer bringt 600 Mio. Euro

Und weiters meint Zoltán Országbiró: "Es ist doch klar, wenn ein Land massive wirtschaftliche Probleme hat oder in eine Schuldenkrise schlittert, dann müssen alle, auch die früher staatlich geförderten Multis ihren Anteil leisten." Und den leisten sie. Die Krisensteuern, die für die Branchen Energie, Telekom und Einzelhandel rückwirkend eingeführt wurden, bringen Ungarn bis Ende nächsten Jahres rund 600 Millionen Euro. Und irgendwie scheint der Boykottaufruf schon Wirkung zu zeigen, denn die betroffenen Konzerne baten den ORF in Budapest um Verständnis, dass sie vorerst keine Stellungnahme dazu abgeben wollen.