Sprachwächter: Reinheit der Sprache bedroht

Sprachchauvinismus in China

Die Angst um die Reinheit der Sprache kennt man aus manchen großen europäischen Ländern wie etwa Frankreich nur zu gut. Jetzt macht sich auch China immer mehr Sorgen um die Reinheit der eigenen Hochsprache. Und da sind es vor allem englische Ausdrücke, die den Sprachwächtern ein Dorn im Auge sind.

Mittagsjournal, 25.02.2011

Englische Ausdrücke sind Zensurbehörde ein Dorn im Auge

Sagt man Dian Zi You Jian oder einfach E-Mail? Heißt der iPod von Apple genauso oder ping guo ping ban dian nao? Dürfen englische Abkürzungen wie etwa WTO für Welthandelsorganisation benützt werden oder muss man eine chinesische Umschreibung verwenden?

Für die zentrale Verwaltung für Presse und Publikationen, hinter der sich nichts anderes als Chinas oberste Zensurbehörde verbirgt, ist die Antwort klar: chinesische Ausdrücke. Schließlich sei die Reinheit der chinesischen Sprache bedroht. Und so hat man einen umfangreichen Richtlinienkatalog erarbeitet, der noch von oberster Stelle abgesegnet werden muss.

Zunehmender kultureller Konservativismus

Straßenschilder in Chinas Städten sollen neben chinesischen Schriftzeichen künftig nicht die englische Übersetzung enthalten, sondern nur die lateinische Umschrift der chinesischen Wörter. Lateinische Buchstaben von A bis Z, mit denen Eingänge zu Luxuswohnblocks gerne gekennzeichnet werden, sollen überhaupt verschwinden.

In den Internetforen beklagt so mancher einen zunehmenden kulturellen Konservativismus der Behörden. Die Ablehnung westlicher Kultur würde an Schärfe zunehmen ist da zu lesen. Sprachwissenschaftler, wie Xiao Xian Yi von der Pekinger Universität für Kommunikation, halten die Sorge der Zensoren um die Reinheit der Sprache für übertrieben. "Ich finde es an sich eine gute Sache, wenn englische Wörter wie zum Beispiel E-Mail zu uns kommen. Wir sollten uns nicht fürchten. Diese Fremdwörter bereichern unsere Sprache. Aber seit dem Beginn der Öffnungs- und Reformpolitik hat der Einfluss von Englisch auf unsere Sprache schon deutlich zugenommen. Und wir sollten darauf achten, dass etwa TV-Moderatoren wirklich Hochchinesisch sprechen. Keinen Dialekt und auch keine Mischung aus Chinesisch und Englisch."

Geteilte Meinungen

Chinas Sprachwächter argumentieren auch, dass englische Wörter bei Chinesen zu Verständigungsschwierigkeiten führen. Und was meint der Mann oder die Frau auf der Straße? „Ich mache mir da keine Sorgen", sagt etwa eine interviewte Chinesin. "Wenn die Kultur eines Landes stark genug ist, dann wird diese Kultur anderen Kulturen gegenüber tolerant sein. Daher sollten wir Ausdrücke aus anderen Sprachen akzeptieren.“ Ein chinesischer Mann sieht das anders: „Ich finde englische Ausdrücke sinnlos. Wir haben doch unsere eigene Muttersprache.“

Verbesserte Orientierung

Im Alltag werden viele Wörter ausländischen Ursprungs, etwa Markennamen, ohnehin an das chinesische Klangbild angepasst. Wer vor einem Hilton Hotel oder einem Ikea-Geschäft in Peking steht und Passanten nach dem Hilton oder Ikea fragt, der bekommt meist zu hören: "keine Ahnung, kenn ich nicht." Hilton heißt in China nicht Hilton. Der Markenname Ikea existiert auch nicht. Ikea kennt man als Yi Jia, wörtlich übersetzt das gemütliche Zuhause.

Apropos Wohnblocks, deren Eingänge nicht mehr mit lateinischen Buchstaben bezeichnet werden sollen. Dies habe nichts mit linguistischen Spitzfindigkeiten zu tun, sondern verbessere schlicht die Orientierung, sagen die Behörden. Und so sollen künftig bei Aufzügen auch die Knöpfe für den 4. oder 14. Stock nicht mehr fehlen. Diese Ziffern lässt man gerne aus - werden sie im abergläubischen China doch mit dem Tod in Verbindung gebracht.

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