Falsche Taktik der kleinen Schritte

Hypo-Freisprüche: Kalkül verfehlt

Freisprüche für Ex-Bank-Chef Wolfgang Kulterer und die beiden mitangeklagten Bankbereichsleiter: Für die Staatsanwaltschaft ist das erste Urteil um die Milliardenpleite der Hypo Alpe Adria eine Niederlage, sie hat Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt. Für Prozessbeobachter waren die Freisprüche hingegen keine Überraschung.

Analyse von Petra Pichler

Morgenjournal, 30.03.2011

Kalkül nicht aufgegangen

Der Grüne Rolf Holob, Vorsitzender des Kärntner Hypo-Untersuchungsausschusses, fragt sich, warum man mit den kleinen Brocken von der Summe her angefangen hat - eine berechtigte Frage, die schon seit der Anklageerhebung im Raum gestanden ist. Denn mit den Kreditvergaben an Styrian Spirit und Dietmar Guggenbichler hatte sich die Staatsanwaltschaft Klagenfurt nur ein Fragment der gesamten Affäre rund um die Hypo-Millionen-Verluste herausgepickt, wohl unter dem Druck, die Untersuchungshaft gegen Kulterer im Vorjahr schnell zu rechtfertigen. Doch das Kalkül der Staatsanwälte, den Ex-Hypo-Bankchef mit kleinen Teilbereichen festzunageln und einen schnellen Erfolg zu erzielen, ist vor Gericht nicht aufgegangen.

Prüfung auf Verfahrensfehler

Die Staatsanwaltschaft hat Nichtigkeitsbeschwerde gegen die Freisprüche eingelegt. Nun muss sich der Oberste Gerichtshof mit der Causa befassen. Dort werden die Vorwürfe aber nicht neu aufgerollt, sondern es wird der Prozess nur im Hinblick auf Verfahrensfehler geprüft.

Politische Erkenntnisse?

Der Hypo-Ausschuss-Vorsitzende Holub hat jedenfalls nach Prozessende die Gerichtsprotokolle angefordert. Denn aus seiner Sicht war die Verhandlung zumindest aus politischer Sicht ergiebig: "Die Einflussnahme Jörg Haiders ist klar herausgekommen, weil sich niemand getraut hat, dem Landeshauptmann zu widersprechen." Die Dinge seien auf der Machtebene abgehandelt worden und nicht unbedingt auf der Kreditebene.

Neue Anklage

Ex-Bankchef Kulterer kann sich auch nach dem Freispruch noch nicht ganz entspannen. Er muss sich demnächst wegen des Vorwurfs der falschen Zeugenaussage in einer weiteren Gerichtsverhandlung verantworten. Dieser Teil der Anklage ist im ersten Hypo-Prozess ausgegliedert worden. Aber auch hier gelten die Vorwürfe der Anklage als nicht besonders stichhaltig.

Noch Vieles zu prüfen

Doch die Ermittlungen gehen weiter. Holub ist überzeugt, dass noch weitere Verfahren in der Hypo-Causa folgen werden. "Es ist ein großes Labyrinth und es ist noch sehr viel anzuschauen." Die Ermittlungen gehen jedenfalls weiter. Eine weitere Anklage könnte bald folgen. Bei der Oberstaatsanwaltschaft in Graz erwartet man noch im April den Vorhabensbericht der Staatsanwaltschaft Klagenfurt zu einem weiteren Teilbereich der Hypo-Causa: Und zwar zu der Ausgabe von Vorzugsaktien, mit denen die Hypo-Bank im Jahr 2004 ihr Eigenkapital erhöhen wollten.

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