Großer Einfluss auf russisches Theater

Europäischer Theaterpreis an Peter Stein

Der deutsche Regisseur Peter Stein hat mit seiner Berliner Schaubühne, die Schauspieler und Schauspielerinnen wie Bruno Ganz, Peter Simonischek, Edith Clever und Jutta Lampe hervorgebracht hat, Theatergeschichte geschrieben. Am Sonntag, 17. April 2011, hat er in St. Petersburg den mit 60.000 Euro dotierten Europäischen Theaterpreis erhalten, der alle zwei Jahre vergeben wird.

Kulturjournal, 18.04.2011

Interview mit Peter Stein

Eine bombastische Inszenierung des russischen Regisseurs Andrej Moguchi mit überlebensgroßen Puppen und Figuren, mit Chören, einer Pferdekutsche und kleinen Elevinnen des St. Petersburger Balletts unrahmte die Vergabe des 14. Europäischen Theaterpreises im Alexandrinski-Theater am Newski-Prospekt, dem ältesten, noch bespielten Theater Russlands.

Dort wo einst Dostojewskij und Gogol ihre Sitze hatten, wo der Theaterreformer Meyerhold über zwanzig Inszenierungen schuf, in dem bis zum letzten Platz gefüllten, in prächtigem Rot und Gold gehaltenen Theater, bekam Peter Stein den Europäischen Theaterpreis zugesprochen und Lev Dodin, der Leiter des überaus einflussreichen Maly-Theaters in St. Petersburg, selbst bereits Träger dieses Preises, hielt die Laudatio auf Peter Stein, dessen Einfluss auf das russische Theater nicht zu unterschätzen sei und er hob dabei seine Tschechow-Inszenierungen hervor, vor allem aber die "Orestie" des Aischylos, die Stein in der Zeit der Perestrojka im Armeetheater in Moskau mit russischen Schauspielern inszenierte.

Peter Stein seinerseits, der diese wegweisende und bahnbrechende sowie politisch höchst gewagte Inszenierung sieben Jahre lang in Russland vorbereitet hatte und dabei sich auch die russische Sprache angeeignet hatte, lobte die Kunst der russischen Schauspieler, allerdings auf Englisch - sie hatten ja damals die Orestie, diese Stück um Blutrache, Justiz und Demokratie, erst zu dem großen Erfolg geführt.

Mittagsjournal, 18.04.2011

Standing ovations für Juri Lubomov

Neben Peter Stein wurde der über 90-jährige russische Regisseur Juri Lubomov mit einem Spezialpreis geehrt, der vom russischen Publikum mit Standing ovations geehrt wurde. Er hatte in seiner Jugend noch den berühmten Theaterregisseur und Theaterlehrer Stanislawski kennengelernt und hatte in der Sowjetunion immer wieder mir Repressionen zu kämpfen wegen seiner gewagten Inszenierungen in dem von ihm gegründeten Moskauer Tagankatheater.

Lubimov erzählte auch, wie er als Soldat bei der Belagerung Leningrads viel über das Regieführen gelernt hatte und wie ihm der Glaube an die Kunst und das Theater immer wieder Mut gegeben habe und gab sich verwundert, dass ein ganzes Theater für einen alten Schauspieler aufstehe.

Preise für junge Talente

Es gab aber auch Preise für neue, junge Tendenzen im europäischen Theater, die unter anderem an die Engländerin Katie Mitchell gingen - sie hat etwa bei den Salzburger Festspielen Nonos "Al gran sole" erfolgreich inszeniert. Andere Auszeichnungen gingen nach Island und Portugal. Im Anschluss las Peter Stein aus Goethes "Faust I".

Spätnachts wurde dann im Baltischen Theaterhaus in St. Petersburg noch lange gefeiert und Peter Stein machte sich Gedanken, warum ihm das russische Theater und die russische Literatur als preußischer Theatergeneral doch so nahe stehen.

Peter Stein wird bald auch wieder in Österreich arbeiten. Bei den Salzburger Festspielen wird er im Sommer Verdis "Macbeth" inszenieren und auch mit dem künftigen Festivalleiter Alexander Pereira gäbe es schon Gespräche über einen "Don Carlos".

Textfassung: Red.