"100.000 E-Autos bis 2020"

Elektro-Auto-Initiative in London

17.000 Hybridfahrzeuge und Elektroautos sind in London mittlerweile registriert, das ist ein Drittel aller umweltfreundlichen Fahrzeuge in Großbritannien, Tendenz steigend. Aber die Themse-Metropole hat weitere ehrgeizige Pläne: Sie will die Elektro-Auto-Hauptstadt Europas werden.

Mittagsjournal, 04.06.2011

Trend ist kein Zufall

Kaum eine Stadt weltweit ist so autofeindlich wie London. Pkw-Besitzer in der britischen Metropole müssen sich mit hohen Kfz Steuern, saftigen Bußgeldern und Dauerstau herumschlagen. Von den ständig steigenden Spritpreisen ganz zu schweigen. Nur wer umweltfreundlich fährt, kommt billig davon und genießt zahlreiche Privilegien wie Befreiung von der City Maut und Gratis Parken. Diese wirtschaftliche Logik im Bezug auf Öko-Autos hat in London in den letzten Jahren einen wahren Boom ausgelöst.

Keine Preisfrage mehr

Bürgermeister Boris Johnson, selbst passionierter Radfahrer, steigt nur im Notfall auf vier Räder um, und dann müssen sie zu einem Öko-Fahrzeug gehören. Das Elektro-Auto ist seiner Meinung nach die ideale Lösung für Londons grüne Mobilität und der Ausweg aus der Spritpreis-Misere. Die hohen Anschaffungskosten sind für den Bürgermeister längst kein Argument mehr. "Wenn man ein Elektro-Auto least, sind die Kosten nicht mehr so hoch. Es kann mit einem herkömmlichen Modell mithalten. Unsere Aufgabe ist es, Ladestationen zur Verfügung zu stellen, damit diese Autos gekauft und benützen werden."

Mehr Ladestationen als Zapfsäulen

Mehr als 10 Millionen Euro investieren die Stadt und private Sponsoren in den Ausbau von Source London – dem Ladestationen Netzwerk. Derzeit gibt es rund 250 Stationen, bis in zwei Jahren sollen es 1.300 sein. Dann hat London mehr Stromzapfsäulen als Tankstellen, sagt Leon Davies von Transport for London: "Die Stationen werden gut sichtbar auf öffentlichen Parkplätzen, Flughäfen und vor Supermärkten positioniert, die Leute werden sie ganz leicht finden, die Bedienung ist einfach, ich verspreche es."

Strom für Mitglieder

Wie viele Elektro-Autos durch diese Initiative in Zukunft aus London Straßen unterwegs sein werden, kann Bürgermeister Boris Johnson aber nicht vorhersagen. "Es werden sicherlich tausende sein. Ford rechnet, dass bis 2020 jedes vierte verkaufte Modell elektrisch betrieben wird. Wir wollen bis dahin 100.000 Autos durch Elektrofahrzeuge in London ersetzen. Die Schritte dafür werden heute gesetzt. Die Mitgliedschaft bei Source London kostet jährlich rund 120 Euro, dafür kann jeder Lenker sein Elektrofahrzeug mit einer Chipkarte unbegrenzt aufladen. Die Software wurde zum Teil in Österreich entwickelt, sagt Phil Skipper von Siemens. Der Technologiekonzern ist einer der Hauptsponsoren. Die Karte soll langfristig auch für Ladestationen in ganz Europa einsetzbar sein. "Man hält diese Karte vor ein Lesefeld an der Ladestation, dadurch öffnet sich die Klappe zur Steckdose. Wir stellen sicher, dass die Abwicklung sicher ist und nur Mitglieder Zugang zu den Ladestationen haben."

Nachteile schwinden

90 Prozent aller Fahrten in London sind weniger als 20 Kilometer lang. Elektroautos schaffen diese Distanz mittlerweile locker, die Ladezeiten verkürzen sich immer mehr, neue Batterien-Generationen gewährleisten eine längere Energieversorgung und Sportmodelle sind ebenso schnell wie ihre Benzinbrüder. Die Nachteile der Elektroautos verschwinden langsam und mit ihnen die Vorurteile der Konsumenten, sagt Motosport Experte Quentin Wilson: "Elektro-Autos werden in Großbritannien immer mehr und mehr gekauft und als echte Alternative wahrgenommen. Ich habe mir gerade selbst eines angeschafft. Immer mehr Menschen begreifen, dass sie nur etwas mehr als zwei Euro für 200 Kilometer brauchen." Die extrem gestiegenen Spritpreise in Großbritannien regen selbst Skeptiker zum Nachdenken an.