Letzter Kaisersohn wurde 98 Jahre alt

Otto Habsburg-Lothringen ist tot

Der älteste Sohn des letzten regierenden Kaisers von Österreich und Königs von Ungarn starb am Montagmorgen im Beisein seiner Kinder in seinem Haus in Pöcking am Starnberger See. Otto Habsburg-Lothringen galt als scharfer Kritiker der österreichischen Innenpolitik und als glühender Europäer.

Mittagsjournal, 4.7.2011

Kanzler-Angebot an Schuschnigg

Otto Habsburg-Lothringen tritt in der österreichischen Politik erstmals im Februar 1938 in Erscheinung. Der Sohn des letzten Kaisers bietet Bundeskanzler Kurt Schuschnigg vom belgischen Exil aus an, selbst das Amt des Kanzlers zu übernehmen, um den nationalsozialistischen Deutschland entgegenzutreten.

Schuschnigg lehnt ab, gibt Hitler immer weiter nach und weist schließlich das Bundeheer an, den einmarschierenden deutschen Gruppen keinen Widerstand zu leisten. Im März 1938 kommt es zum Anschluss Österreichs an Nazideutschland. Habsburg hält das Nachgeben Schuschniggs noch in den 60er Jahren für einen schweren Fehler.

Kontakte zu US-Präsidenten

Weil er von den Nazis verfolgt wird, flüchtet Habsburg über Frankreich und Spanien in die USA und bemüht sich dort vergeblich, eine österreichische Exilregierung zu bilden. Letztendlich scheitert es an finanziellen Mitteln. Habsburg knüpft in Washington Kontakte zu wichtigen Politikern, auch zu den Präsidenten Franklin D. Roosevelt und Harry S. Truman. Er bewirkt viel Positives für Österreich, etwa indem er an der Moskauer Deklaration mitarbeitet, die für die Zeit nach dem Krieg die Unabhängigkeit in Aussicht stellt.

Kritik an Regierung unter Karl Renner

Otto Habsburg-Lothringen macht aber auch Fehler, etwa als er bei Präsident Truman gegen die im April 1945 gebildete provisorische Regierung unter Bundeskanzler Karl Renner (SPÖ) interveniert. Er kritisiert die Haltung Renners, weil dieser unter anderem in der Zeit des Anschlusses für Hitler plädiert habe.

Nach dem Krieg hat Habsburg den Staatsvertrag anfänglich abgelehnt. Solche Aktionen sind mitverantwortlich dafür, dass seine Rückkehr nach Österreich von vielen in der SPÖ heftig abgelehnt wurde. Obwohl er im Mai 1961 die im Habsburgergesetz geforderte Verzichtserklärung abgibt, dauert es mehr als fünf Jahre, bis er tatsächlich einreisen darf. Und auch da gibt es Demonstrationen und Massenstreiks.

Empfang in Hofburg

Erst langsam beruhigt sich die Lage, da Habsburg keine innenpolitischen Aktivitäten setzt. 1972 kommt es zum Händedruckmit Bundeskanzler Bruno Kreisky (SPÖ). Zehn Jahre später wird Habsburg von Bundespräsident Rudolf Kirchschläger in der Hofburg empfangen.

Politisch sieht sich Habsburg als Konservativer, viele halten ihn für reaktionär. Er bleibt umstritten, nun auch im Ausland. Mittlerweile ist er Präsident der Paneuropa-Union und auch deutscher Staatsbürger und CSU-Abgeordneter im Europaparlament.

Glühender Europäer

Als solcher kämpft er unermüdlich für die weitere Integration Europas, wobei er stets jene Staaten miteinbeziehen will, die hinter dem Eisernen Vorhang liegen. Und so ist dessen Öffnung und der Zusammenbruch der kommunistischen Diktaturen im Herbst 1989 für ihn das historisch wichtigste Ereignis seiner zweiten Lebenshälfte. „Wenn ich eine Grenze überschreite, wo früher eine Barriere war, dann gibt einem das ein wunderbares Glücksgefühl“, so der verstorbene Kaisersohn.