Experte: Länder müssen selbst handeln

Skepsis gegen "Wirtschaftsregierung"

Der deutsche Volkswirtschaftsprofessor Oliver Holtemöller steht den deutsch-französischen Vorschlägen äußerst skeptisch gegenüber. Sowohl eine zentrale Wirtschaftsregierung als auch eine Transaktionssteuer gehen seiner Ansicht nach am Kern des Problems vorbei.

Morgenjournal, 17.08.2011

Volkswirtschaftsprofessor Oliver Holtemöller im Gespräch mit Udo Bachmair

Länder müssen Probleme selber lösen

Holtemöller zweifelt an der Wirksamkeit einer europäischen Wirtschaftsregierung. Schließlich seien mangelnde finanzpolitische Disziplin sowie unterschiedliche ökonomische Probleme in den Mitgliedsländern die Ursachen für die Schuldenkrise. Diese Probleme müssten in den einzelnen Ländern angegangen werden. Was da eine zentrale europäische Wirtschaftsregierung bewirken könne, sei unklar, so Holtemöller.

"Transaktionssteuer löst Krise nicht"

Auch die angestrebte Transaktionssteuer wird nach Ansicht des Professors wenig zur Lösung beitragen. Denn eine solche Steuer sei nicht ursächlich auf die aktuelle Krise bezogen. Und die Schuldenkrise sei von den Finanzmärkten nicht verursacht worden.

Gegen "zentrale Schuldenbremse"

Die Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung sei hingegen eine gute Maßnahme, so Holtemöller, Deutschland habe das bereits umgesetzt. Auch die anderen Länder sollten das tun. Er halte aber nichts davon, dass das zentral von Brüssel ausgehe. Die einzelnen Länder sollten jeweils eigene Maßnahmen ergreifen, und der Anreiz dazu sollte sein, dass es keine unbegrenzten Hilfen der europäischen Gemeinschaft gibt "sondern im Zweifel auch einen Insolvenzfall eines Staates."

Keine Rezessionsgefahr für D, F und Ö

Holtemöller führt die Eintrübung der Konjunkturaussichten auf die Unsicherheit von Unternehmen und Haushalten zurück. In Teilgebieten des Euro-Raumes herrsche Rezession, diese Gefahr sieht er aber nicht für Deutschland, Frankreich oder Österreich. Der Volkswirt erwartet, dass es wieder bergauf geht, sobald es Anreize für eine solide Finanzpolitik der einzelnen Staaten gibt und Gewissheit herrscht, dass die Krise gelöst werden kann.

Oliver Holtemöller ist Professor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Makroökonomik, an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Leiter der Abteilung Makroökonomik am Institut für Wirtschaftsforschung Halle.