Künstlerische Ausnahmeerscheinung

Walter Pichler im MAK

Mit der Ausstellung "Walter Pichler. Skulpturen Modelle Zeichnungen" im Museum für Angewandte Kunst (MAK) in Wien besteht ab Mittwoch, 28. September 2011 die seltene Möglichkeit, Skulpturen und Zeichnungen des österreichischen Künstlers Walter Pichler im Original zu sehen.

Mittagsjournal, 27.09.2011

Skulpturen und Zeichnungen

Der österreichische Bildhauer, Architekt und Zeichner Walter Pichler ist eine Ausnahmeerscheinung der internationalen Kunstwelt: seit Jahrzehnten verweigert er sich dem kommerziellen Kunstbetrieb weitgehend, er unterrichtet nicht, stellt kaum aus - und er gerät dennoch nicht in Vergessenheit. Im Gegenteil: auch außerhalb von Österreich wird Pichler als herausragender Künstler geschätzt.

Eine seltene Gelegenheit, seine Skulpturen und Zeichnungen im Original zu sehen, gibt es nun im Museum für Angewandte Kunst in Wien: im Rahmen der Reihe "Künstler im Fokus" wird am Mittwoch, 27. September 2011 die Ausstellung "Walter Pichler. Skulpturen Modelle Zeichnungen" eröffnet.

Unverkäufliche Skulpturen

Zeit ist für Walter Pichler ein Werkstoff wie Holz oder Metall. Mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte arbeitet er an einzelnen Werken. Die Skulpturen verkauft er aus Prinzip nicht. Sie gehören ihm, sagt er. Seine Arbeiten finanziert er ausschließlich durch den Verkauf von Zeichnungen, die im Arbeitsprozess als Nebenprodukte entstehen.

"Ich lebe von Zeichnungen, dadurch kann ich mir die Skulpturen behalten. Aber den Weg dorthin, von dem kann ich leben", so Pichler.

Visionäre Raum-Objekte

1936 in Südtirol geboren, studierte Walter Pichler an der Angewandten in Wien. In den 1960er Jahren entwarf er - teils in Zusammenarbeit mit dem Architekten Hans Hollein - utopische Stadtmodelle. Seine visionären Raum-Objekte wurden im Museum of Modern Art in New York und auf der documenta in Kassel gezeigt.

Anfang der 1970er Jahre zog er sich aus dem Kunstbetrieb zurück: Er erwarb einen Hof im südburgenländischen Dorf St. Martin, wo er seither lebt und arbeitet. Die Gebäudeanlage ist Zentrum seines Schaffens geworden und wird ständig um neue Bauwerke erweitert. Es sind dies Häuser für die Skulpturen: "Ich habe mir das zugelegt, damit ich endlich einmal auch Räume machen kann - weil wo hört die Skulptur auf und fängt der Raum an? - und dass man eine architektonische Erweiterung machen kann man."

Skulpturen für einen Turm

Die räumliche Umhausung denkt Walter Pichler beim Entwurf seiner Skulpturen mit. Manchmal ist der Vorgang auch umgekehrt: "Einen Turm habe ich gebaut, den brauchte ich von der Anlage der Häuser her. Da waren zuerst zwei Geschosse drin, dann habe ich den Raum im Rohbau gesehen und dann habe ich Skulpturen dazu gemacht. Da war zuerst der Raum vorhanden und dann die Skulpturen - das gibt es auch."

Außerhalb der Gebäudeanlage in St. Martin hat Walter Pichler bisher nur ein Gebäude realisiert - das zweite befindet sich derzeit in Bau und ist in der Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst in Form von Entwurfszeichnungen dargestellt. Es handelt sich dabei um einen unterirdischen Ausstellungsraum in Tirol für einen Sammler seiner Zeichnungen.

Isolation fürs MAK durchbrochen

Am MAK selbst hat Walter Pichler vor zwanzig Jahren einen skulpturalen Eingriff vorgenommen. Anlässlich seiner letzten Ausstellung dort hat er mit dem "Tor in den Garten" einen monumentalen Übergang zwischen Draußen und Drinnen geschaffen. Dazu die Kuratorin der aktuellen Ausstellung, Bärbel Vischer: "Wir haben aus diesem Grund auch eine Arbeit in der Ausstellung, die dieses Tor zeigt und gleichzeitig als Verweis fungiert. Von der Ausstellung aus ist der Blick in den Garten frei und auf das Tor, das immer dann geöffnet ist, wenn in der großen Halle eine Ausstellung läuft."

Die Ausstellung "Walter Pichler. Skulpturen Modelle Zeichnungen" ist zustande gekommen, da der Künstler, wie er sagt, überprüfen wollte, ob seine Arbeiten auch außerhalb von St. Martin "halten". Deshalb sei es notwendig, die selbstaufgebaute Isolation zu durchbrechen und die Kunstwerke hin und wieder auf Reisen zu schicken.

Service

Künstler im Fokus #11, "Walter Pichler - Skulpturen Modelle Zeichnungen", 27. September 2011 bis 26. Februar 2012, MAK

MAK - Künstler im Fokus #11, Walter Pichler