Land aus Feuer und Eis

Ein Ding der Unmöglichkeit

Vor 20 Millionen Jahren sah die Welt bereits so aus, wie wir sie heute kennen. Die Kontinente hatten sich zurechtgeschüttelt, die Ozeane hatten ebenso ihren Platz eingenommen wie die Gebirge - nur dort, wo heute Island ist, war nichts als Meer. Dann brachen einige Tausend Meter unter diesem Meer ein paar Vulkane aus und beruhigten sich erst wieder, als die Lava sich bis über die Wasseroberfläche aufgetürmt hatte. Gleich einer feuerspuckenden Operndiva betrat ein neues Land die Bühne der eigentlich schon fertigen Welt: Island.

Bis heute können die Geologen nicht mit Sicherheit sagen, wie es in diesem erdgeschichtlich späten Stadium zu einer derartig riesigen Eruption kommen konnte - eigentlich ist Island ein Ding der Unmöglichkeit."

Das schreibt Kristof Magnusson in seinem Buch "Gebrauchsanweisung für Island"; mit ihm spricht Johann Kneihs in der Sendung "Von Tag zu Tag" am 6. Oktober, 14:05 Uhr.

Kurze Einführung

Island hat nicht einmal vier Prozent der Einwohnerzahl Österreichs, aber eine um ein Viertel größere Fläche. Als gewaltiges Laboratorium der Natur präsentiert sich die Insel mit aktiven Vulkanen, Europas mächtigstem Gletscher, brodelnd heißen Quellen und dem Geysir, der allen anderen den Namen gab.

Seit der späten Besiedelung vor rund 1.100 Jahren erscheint Island auch als soziales Experiment. Die Gesellschaft, die hier entstand, unterschied sich grundlegend vom Rest Europas. Statt für die Königsherrschaft entschieden sich die Siedler für ein Parlament - seit dem Jahr 930 (mit nur kurzen Unterbrechungen) tritt das "Althing" zusammen.

In wenigen Jahrzehnten stieg Island ab Mitte des 20. Jahrhunderts zu Reichtum auf, schaffte dabei den sozialen Ausgleich, belegte Weltspitzenplätze in Gesundheit und Bildung. In Island wurde 1980 zum ersten Mal eine Frau zum Staatsoberhaupt gewählt. Auf eine kaum kontrollierte Expansionspolitik folgte 2008 der Sturz in die schwere Finanzkrise. Seither bemühen sich viele um Rückbesinnung auf jene Stärken, die das (Über-)Leben im Nordatlantik über Jahrhunderte möglich gemacht haben.

Breites Themenspektrum

Die Sendungen und Beiträge dieses Ö1 Schwerpunktes zeugen davon, dass nicht nur die Natur und ihre Nutzung ("Dimensionen", "Ambiente Spezial") und die Literatur Islands ("Ex libris", "Kulturjournal", "Tonspuren", "Radiogeschichten", "Terra Incognita") berichtenswert sind, sondern auch die Neufindung einer Gesellschaft ("Radiokolleg", "Von Tag zu Tag"), die politische Aufarbeitung und wirtschaftliche Bewältigung der Krise ("Journal-Panorama", "Saldo", "Europa-Journal").

In Island gibt es, bei nur 320.000 Einwohnern, eine lebendige Musikszene mit und abseits von Björk ("Zeit-Ton", "Stimmen hören", "Spielräume", "Diagonal"), Design und bildende Kunst, Theater- und Filmschaffen auf internationalem Niveau ("Kulturjournal").

Hier wurde mitten in der Krise ein spektakuläres Konzert- und Veranstaltungszentrum eröffnet, "Harpa", mit einer Fassade des Künstlers Ólafur Elíasson (Diagonal Stadtporträt Reykjavík).

Hier gibt es auch eine nicht zu unterschätzende Spiritualität und Religiosität: den hartnäckigen Glauben an die Existenz von Elfen, Versuche, heidnische Kulte wiederzubeleben, vor allem aber die seit 2008 gewachsene Bedeutung der lutherischen Staatskirche - als Gewissen der Gesellschaft und aufgrund der Hilfe, die sie leistet ("Tao", "Erfüllte Zeit", "Motive"). Letztlich, aber nicht ganz zuletzt, begeistert das wendige, genügsame Islandpferd Freund/ innen in aller Welt ("Moment - Leben heute").