"Kirche als Vorbild"

Klasnic fordert staatliche Missbrauchskommission

Schon seit längerem verlangen Experten eine staatliche Kommission, die alle Fälle in diesem Bereich untersucht, egal ob in staatlichen oder kirchliche Heimen. Bisher hat sich die Regierung nicht zuständig gefühlt. Jetzt kommt diese Forderung von Waltraud Klasnic, die im Auftrag der katholischen Kirche Fälle diesen Bereich untersucht.

"Kirche einen Schritt voraus"

Waltraud Klasnic formuliert, sie erwarte sich, dass der Bund eine übergeordnete Anlaufstelle für alle Opfer, die sich bisher noch nirgends gemeldet haben, einrichte: "Missbrauch ist ein gesamtgesellschaftliches Thema, dem man sich nicht verschließen kann. Diesem Thema muss sich die öffentliche Hand stellen. Die Kirche ist hier einen großen Schritt voraus."

Morgenjournal, 27.10.2011

Stelle bei Volksanwaltschaft?

Wichtig sei, dass es künftig eine Telefonnummer für Opfer aus ganz Österreich gibt und, dass eine anerkannte Persönlichkeit an der Spitze der zentralen Anlaufstelle steht, sagt Klasnic. Man könne die Anlaufstelle etwa in der Volksanwaltschaft, im Bundeskanzleramt oder im Familienministerium ansiedeln.

Opfer oft in verschiedenen Heimen

Ulla Konrad, Klasnic-Kommissionsmitglied und Präsidentin des Psychologenverbandes meint zur derzeitigen Situation: "Es kann nicht viele verschiedene Anlaufstellen geben. Hier sind alle aufgefordert, nachzudenken, welche einheitliche Lösung man finden könnte. Manche Opfer sind vom Säuglingsheim in eine kirchliche Einrichtung gekommen und müssen sich dann an drei verschiedene Anlaufstellen wenden."

Körperliche und seelische Spätfolgen

Zumal die Erfahrung mit den 1.058 kirchlichen Opfern, die sich mittlerweile an die Klasnic-Kommission gewandt haben, zeige, dass es vielen Opfern sehr schlecht geht: "Man weiß, dass solche Menschen auch ein erhöhtes Risiko haben körperlich zu erkranken, aber vor allem auch psychisch zu erkranken. Sie haben Menschen, die obdachlos, die kriminell geworden sind, die in der Prostitution sind."

Schulungen gegen Missbrauch

Auf die Frage, warum sie nicht schon vor eineinhalb Jahren eine staatliche Kommission gefordert habe, sagt Waltraud Klasnic, dass ihre Kommissionsmitglieder das damals getan hätten, insbesondere Kurt Scholz. Der fordert nun auch Antimissbrauchsschulungen für alle die mit Kindern arbeiten - in Schulen, in der Justiz, in Sportvereinen. Und Scholz wünscht sich vom Bund Förderungen für Selbsthilfegruppen von Missbrauchs- und Gewaltopfern.

Opposition: Staatliche Kommission

Eine Bundeskommission für alle Missbrauchsopfer hatten zuletzt schon die drei Oppositionsparteien FPÖ, BZÖ und Grüne gefordert. Wirtschafts- und Jugendminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) hat dann Gespräche mit Kirchen und Ländern darüber angekündigt. Allerdings arbeitet das Unterrichtsministerium seit einem dreiviertel Jahr an einer Anlaufstelle für Opfer aus Bundesinternaten - bisher ohne Ergebnis.

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