Zweiter Teil von "Orbitor" erschienen

Mircea Cartarescu auf Lesereise

Er wird mit Gabriel García Márquez und James Joyces verglichen: Der rumänische Autor Mircea Cartarescu hat mit seiner Romantrilogie "Orbitor" ein etwa 1.500 Seiten starkes Werk geschrieben, an der Grenze zwischen Fiktion und Realität. Auf Deutsch ist nun der zweite Band erschienen.

Der Autor ist auf Lesereise, am 30. Oktober 2011 liest er in Wien in der Alten Schmiede.

Kulturjournal, 28.10.2011

Mircea Cartarescu zu lesen ist nicht nur ein sinnliches Vergnügen, sondern auch eine große Herausforderung, denn der Autor liebt lange, vielfach verschachtelte Sätze, die sich über eine ganze Seite ziehen können. Und er ist äußerst belesen und nutzt für sein Sprachbilder Bezüge zu Biologie, Esoterik und Metaphysik. Ich bin einfach sehr neugierig, meint der Autor, lese viele wissenschaftliche Bücher und verwende das präzise Vokabular.

Familiengeschichte und Bildungsroman

"Gar nicht so leicht zu erklären, wovon der Roman 'Der Körper' handelt. Wenn ich den Inhalt kurz erzählen könnte, müsste ich nicht ein paar hundert Seiten schreiben", meint der Autor mit Verweis auf Borges. Näher kommt man dem Wesen des Buches vielleicht, wenn man von der Art des Erzählens spricht: Cartarescu beginnt zum Beispiel bei einem feingesägten Insektenbeinchen und zoomt sich heraus aus dem Bild, bis die ganze Wirtshausrunde zu sehen ist, mit dem Tierchen auf der Blume in der Hand einer Frau.

Zum Inhalt sagt er immerhin so viel, dass es sich um eine große Familiengeschichte handelt, um eine Art Bildungsroman, verwoben sind darin 40 andere Geschichten. Geschrieben wurden die 1.500 Seiten mit der Hand, und ganz ohne Plan. Das sei bei den ersten beiden Büchern gut gegangen, erzählt Cartarescu, beim dritten habe er allerdings aufpassen müssen, um alle Geschichten wieder zu einem Ende zu bringen. Er habe dann beim Schreiben immer so ein "Klick" gehört, wenn sich wieder eine Geschichte geschlossen habe.

Zu Hause in Bukarest

1956 wurde Catrarescu geboren und hat einige Jahren in deutschen Städten und auch in Wien gelebt. Nun ist er wieder in Bukarest zu Hause, denn diese Stadt bezeichnet er als sein "Alter Ego" und sie ist auch ein zentrales Thema seiner Romane, wenn gleich es sich um ein imaginiertes und nicht um das reale Bukarest handelt.

Er wohnt auch nicht, wie man beim Lesen des Romans vielleicht annehmen könnte, in einem der Hochhäuser. "Erstmals habe ich ein eigenes Haus, in einem Wald am Stadtrand, mit guter Luft, einem Apfel- und einem Kirschbaum und einer Linde", schwärmt der Schriftsteller, "und ich bin dort sehr glücklich".

Textfassung: Ruth Halle