Kassenersatz zu gering

70.000 Kinder ohne Therapien

Die Grünen und Kinderärzte orten schwere Defizite bei der medizinischen Versorgung von Kindern. 70.000 Kinder, so der Vorwurf, erhalten nicht jene Therapien, die sie brauchen wie Physio- und Ergotherapie oder logopädische und Psychotherapie. Der Grund: die Kassen bezahlen die Behandlungen nur zum Teil, die Eltern können sich die Selbstbehalte häufig nicht leisten.

Mittagsjournal, 09.12.2011

Scheitern am Geld

Eine Stunde Physiotherapie koste um die 70 Euro. Die Kassen zahlen einen Zuschuss von 20 bis 40 Euro. Bleiben also 30 bis 50 Euro, die die Eltern selbst bezahlen müssen, so Rudolf Püspök, Vertreter der Plattform Politische Kindermedizin. Ähnlich die Lage bei Ergotherapie und logopädischer Therapie, noch schlimmer bei Psychotherapie.

Das Resultat: viele Kinder würden aus finanziellen Gründen nicht ausreichend behandelt. Die Kinder würden darunter ein Leben lang leiden, so Kinderarzt Püspök.

Unterschiede in Bundesländern

Am besten sei die Lage in Vorarlberg. Dort seien die finanziellen Hürden am niedrigsten. Was aber nichts daran ändere, dass in Deutschland mehr Geld in die Behandlung von Kindern und Jugendlichen gesteckt werde, als hierzulande. In Deutschland wenden die gesetzlichen Krankenkassen rund 65 Euro jährlich für Ergo-, Logo und Physio-Therapie von unter 15-jährigen auf, so Püspök. In Vorarlberg, sind es 56, in Oberösterreich 25, in Salzburg 15 und in der Steiermark 10, um einige Beispiele zu nennen.

80 Millionen zur Abdeckung nötig

Nimmt man die Versorgungslage in Deutschland als Maßstab, so zeige sich, dass hierzulande 70.000 Kinder nicht die notwendigen Therapien erhielten. Für den Grünen Gesundheitssprecher Kurt Grünewald ein untragbarer Zustand. Die Kassen könnten nicht als saniert bezeichnet werden, wenn sie ihre Leistungen dramatisch kürzen.

Grünewald fordert unter anderem, dass die aktuellen Erhebungen über den Bedarf von Therapien veröffentlicht und dass konkrete Versorgungspläne erstellt werden. Denn die Gesundheitsversorgung könne nicht Aufgabe von Licht ins Dunkel oder der Sternsinger werden.

Laut Schätzungen von Kinderarzt Püspök wären zusätzlich 70-80 Millionen Euro jährlich notwendig, um eine ausreichende Versorgung sicherzustellen.