Trotz internationaler Warnungen

Nationalbank unter Orbans Kontrolle

Ungarns Ministerpräsident Orban bringt eine weitere unabhängige Institution unter seine Kontrolle: Mit der Zweidrittelmehrheit seiner Partei lässt er im Parlament das Nationalbankgesetz beschließen, das der Regierung Einfluss auf die ungarische Notenbank ermöglicht. Über Warnungen von EU, EZB und IWF setzt sich Orban hinweg.

Morgenjournal, 30.12.2011

Neue Führungsgremien

Das neue Gesetz ermöglicht die Zusammenlegung von Nationalbank und Finanzmarktaufsicht. Dem so neu geschaffenen Organ soll ein Präsident vorstehen, der vom Parlament gewählt wird, also nach derzeitiger Machtverteilung von Orbans nationalkonservativer Fidesz. Der jetzt amtierende Nationalbank-Präsident wäre bis zum Auslaufen seiner Amtsperiode 2013 lediglich Vizepräsident. Ferner ist die personelle Aufstockung des Monetärrates vorgesehen, der über Zinserhöhungen oder -senkungen entscheidet. Die neuen Ratsmitglieder sollen natürlich Leute Orbans sein.

Internationale Warnungen

Sowohl die EU als auch die Europäische Zentralbank (EZB) sowie der Internationale Währungsfonds (IWF) haben kritisiert, dass mit dem neuen Gesetz die Unabhängigkeit der ungarischen Zentralbank gefährdet werde. In einem ungewöhnlichen Schritt forderte die EZB die ungarische Regierung in aller Form auf, sich wie in den Verordnungen der Europäischen Union vorgesehen, in solch zentralen Fragen mit der Institution in Frankfurt zu beraten.

Zugriff auf Währungsreserven

Spekuliert wird, dass Orban die Nationalbank deswegen unter seine Kontrolle bringen möchte, weil er auf die Währungsreserven in der Höhe von 35 Milliarden Euro zugreifen möchte. Mit einem Notkredit der IWF rechnet Orban offenbar nicht mehr, denn der Währungsfonds hat die Verhandlungen mit Ungarn bis auf weiteres verschoben.